Österreich und Slowenien waren die einzigen Länder in der EU ohne Hochschulstudium für Augenoptik.

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Der Weg war lang, viele Hürden mussten überwunden und unzählige Diskussionen geführt werden. Doch im Herbst 2021 geht es los: Das erste Bachelorstudium für Augenoptik kann an der FH Gesundheit in Innsbruck starten. "Damit sind wir innerhalb Europas die rote Laterne los", sagt Studiengangsleiter Gustav Pöltner.

Österreich und Slowenien waren die einzigen Länder in der EU ohne Hochschulstudium für Augenoptik. Mit dem Sehen beschäftigt sich zwar auch das Bachelorstudium Orthoptik an der FH Campus Wien und an der FH Salzburg. Die Aufgabengebiete der Absolventen unterscheiden sich aber grundlegend von denen der Absolventen des Augenoptikstudiums.

Die Gesundheitsberufe sind in Österreich streng reglementiert, und Orthoptiker ist ein geregelter Gesundheitsberuf, Absolventen unterstützen hauptsächlich Augenärzte, können aber keine Sehbehelfe verkaufen. Ein Optiker, als nichtgeregelter Gesundheitsberuf, kann das auch jetzt schon. Nur können Optiker, auch wenn sie in Österreich die Meisterprüfung bestanden haben, nicht in anderen Ländern ihren Beruf ausüben. Kommen akademische Augenoptiker aus der EU nach Österreich, können das sie das aber sofort. In Deutschland sind beide Möglichkeiten – also duale Ausbildung und Studium – seit längerem möglich. Die besten Jobs in der feinmechanisch-optischen Industrie gingen meist an Kandidaten mit Hochschulabschluss, so Pöltner.

Hohe Nachfrage

Über zehn Jahre versuchte der gesamte Berufsstand die Akademisierung der Berufsgruppe voranzutreiben. Aus fachlicher Sicht war das ein längst überfälliger Schritt. "Der ständige Fortschritt in Forschung und Technik im Bereich der Optometrie führt zu einem vielschichtigen Wissen in den Bereichen Brillengläser und Kontaktlinsen. Ebenso erfordern die Entwicklung von neuen Technologien sowie der Einsatz von komplexen optischen Messinstrumenten und Messverfahren eine wissenschaftlich fundierte Ausbildung", ergänzt Pöltner. Finanziert wird das dreijährige Studium in den ersten fünf Jahren von der eigenen Berufsgruppe, nämlich aus den Budgets aller Landesinnungen. "Bei der Berufsausbildung ist damit vom Lehrling bis zum Hochschulstudium alles möglich." Konkrete Überlegungen für ein weiterführendes Masterstudium gebe es bereits.

Der Bedarf an gut ausgebildeten Optikern ist hoch. "Von den 4600 ausgebildeten Optikern in Österreich sind nur zwei arbeitslos", weiß Pöltner. Als höchste Ausbildung galt bisher das HTL-Kolleg Optometrie in Hall in Tirol. Noch bevor die Teilnehmer mit ihrer Ausbildung fertig sind, hätten sie schon konkrete Jobangebote in der Tasche, sagt Pöltner, der auch an dem HTL-Kolleg unterrichtet. Mit diesem Fachhochschulstudium werden auch Meisteroptikern neue Perspektiven eröffnet. Sie können in verkürzter Studienzeit einen akademischen Grad erlangen.

Praxisorientierte Ausbildung

Und auch für Lehrlinge, die neben der Berufsausbildung die Matura absolvieren, gibt es mit diesem Studium nun eine darauf aufbauende Höherqualifizierung. "Bisher mussten Lehrlinge mit Matura fürs Studium die Fachrichtung wechseln." Das Studium ist sehr praxisorientiert, die praktische Erfahrung der Lehrlingszeit könne für das Studium angerechnet werden.

In sechs Semestern bereitet das Vollzeitstudium die Studierenden auf eine professionelle Berufsausübung in Augenoptikbetrieben und Kontaktlinseninstituten, in der optischen Industrie oder im Bereich der Forschung vor, gleichzeitig werden mit dem Studium die Zugangsvoraussetzungen für das Gewerbe der Augenoptik und der Kontaktlinsenoptik erfüllt, eine Unternehmerprüfung ist nicht mehr erforderlich.

Pöltner rechnet damit, dass die 24 Studienplätze leicht gefüllt werden. Bereits 2018 stand das Studium kurz vor der Zulassung, wegen eines Einspruchs der Ärztekammer verzögerte sich aber die Zulassung, doch schon damals hätten sich viele Interessierte gemeldet. (Gudrun Ostermann, 9.12.2020)