Bodo Ramelow zeigt seinen Zeigefinger. Weil er im Landtag auch den mittleren in Richtung eines AfD-Abgeordneten präsentiert hat, verliert er nun seine Immunität.

Foto: APA / dpa / Martin Schutt

Erfurt – Der Justizausschuss des Thüringer Landtags hat die Abgeordnetenimmunität von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) und von AfD-Fraktionschef Björn Höcke aufgehoben. Die Entscheidung fiel am Freitag in einer Ausschusssitzung in Erfurt, um der Staatsanwaltschaft nach Anzeigen gegen beide Politiker Ermittlungen zu ermöglichen. Im Fall von Ramelow geht es um die sogenannte Stinkefingeraffäre. Gegen Höcke wurde unter anderem Anzeige wegen Volksverhetzung gestellt.

Ramelow hatte im Sommer dem AfD-Abgeordneten Stefan Möller in einer Debatte den Mittelfinger gezeigt. Der Abgeordnete erstattete gegen ihn Anzeige wegen Beleidigung. Nach dem Eklat hatte sich Ramelow entschuldigt und erklärt, er habe dem Landtag "nicht im gebotenen Maße" Respekt gezeigt. Gleichwohl werde er seine "antifaschistische Grundhaltung niemals von der AfD instrumentalisieren lassen", schrieb er damals.

Ermittlungen gegen Höcke

Bei Höcke geht es nach Angaben der Staatsanwaltschaft Mühlhausen um zwei Anzeigen wegen des Verdachts der Volksverhetzung beziehungsweise der Verleumdung. In den sozialen Netzwerken soll der AfD-Rechtsaußen, dessen Bezeichnung als Faschist in einem Einzelfall gerichtlich erlaubt wurde, die Seenotretterin Carola Rackete dafür verantwortlich gemacht haben, dass mit den Flüchtlingen Kriminelle nach Deutschland gekommen seien, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte.

In einem weiteren Fall soll Höcke eine Frau als vorbestrafte RAF-Terroristin bezeichnet haben, die Steuergelder verschwende. Laut Staatsanwaltschaft ist der Ausgang der Ermittlungsverfahren "völlig offen".

Thüringens CDU-Generalsekretär Christian Herrgott erklärte mit Blick auf Ramelow: "Ein derartiger Kontrollverlust darf einem Ministerpräsidenten nicht passieren." Höcke verliere seine Immunität, "weil er als Rechtsextremist diese Regeln ablehnt". Ramelow verliere sie, "weil wir diese demokratischen Regeln nur verteidigen können, wenn wir uns selbst auch an sie halten". (APA, 4.12.2020)