Diese Woche verlief für die türkis-grüne Bundesregierung so wie für viele Österreicherinnen und Österreicher schon das ganze Jahr 2020: Wenn man gerade glaubt, das war es jetzt, passiert verlässlich wieder etwas.

Am Montag präsentiert die Wirtschaftsministerin das "Kaufhaus Österreich" – ein missglücktes Austro-Amazon, das nicht mehr bietet als eine Linksammlung heimischer Händler. Kostenpunkt: 627.000 Euro. Dafür leitet einen die Suche nach dem Schlagwort "Schuhe" etwa zu einem Tischtennis-Shop. Das konnte man noch als Peinlichkeit abtun.

Mittwochmittag: Die Anmeldeplattform für die Corona-Massentests leckt – nämlich Daten. Rund 800 Menschen bekommen Testtermine und persönliche Informationen von Fremden zugeschickt. Die Homepage muss offline gehen. Das war nicht nur peinlich – sondern auch ziemlich bedenklich.

Pressekonferenz mit Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne).
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Am selben Tag liefert Kanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz eine fragwürdige Analyse zur zweiten Welle: Insbesondere Menschen, die "in ihren Herkunftsländern den Sommer verbracht haben", hätten das Virus ins Land geschleppt. Zahlen, die das belegen, gibt es nicht. Mitte August war zwar kurzfristig ein Drittel der Corona-Fälle auf Westbalkan-Reisen zurückzuführen – ob es sich dabei um Migranten oder urösterreichische Urlauber handelte, weiß niemand. Menschen mit Migrationshintergrund ohne Beleg das Bummerl zuzuschieben ist jedenfalls peinlich, bedenklich – und vor allem daneben.

Strategie

So sieht das offenbar selbst der grüne Vizekanzler – Kurz habe es bei der Aussage an Sensibilität gefehlt, maßregelt Werner Kogler sein Gegenüber. Das wiederum lässt der Kanzler nicht auf sich sitzen: alles "absurd". Er pflege beste Beziehungen zum Westbalkan und habe "viele Freunde" von dort – was das mit seiner Aussage zu tun hat, bleibt rätselhaft.

Die Pannenserie nimmt derweil ihren Lauf: Am Freitag starten die Corona-Massentests in drei Bundesländern – begleitet von IT-Problemen und Systemausfällen. Der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer, sonst treu auf türkiser Linie, bringt es auf den Punkt: "Wie so oft wird vom Bund viel angekündigt, nichts funktioniert."

Generell verfestigt sich das Gefühl, dass die Regierung die meiste Energie in Pressekonferenzen steckt. Damit Chaos und Streiterei ein Ende nehmen, kann man sich also eigentlich nur eines wünschen – dass Türkis-Grün in nächster Zeit bloß noch ein einziges Mal vor die Medien tritt: dann, wenn es den Impfstoff gibt – und die dazugehörige Strategie bereits steht. (Katharina Mittelstaedt, 4.12.2020)