Italien sagt der Steuerhinterziehung den Kampf an und startet eine Cash-back-Aktion bei Kartenzahlung.

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Wenn das kein weihnachtliches Angebot ist: Von jedem Einkauf, den die Italiener ab kommendem Montag tätigen, erhalten sie vom Staat zehn Prozent rückerstattet, direkt überwiesen auf das Post- oder Bankkonto. Die einzige Bedingung für die staatliche Geld-zurück-Garantie: Die Bezahlung der Einkäufe muss elektronisch erfolgt sein, also per Bank-, Post- oder Kreditkarte – oder auch über den Zahlungsdienst Paypal. Die Großzügigkeit des Staates ist indes nicht unbegrenzt: Pro Person werden bis Ende des Jahres maximal 150 Euro vergütet. Das heißt, dass nur Einkäufe bis zum Gesamtbetrag von 1.500 Euro subventioniert werden. Aber immerhin.

Der Hintergedanke der Maßnahme: Der elektronische Zahlungsverkehr hinterlässt, im Unterschied zur Barbezahlung, Spuren auf den Konten. Spuren, die der Fiskus gegebenenfalls nachvollziehen könnte, sollte ihm künftig eine Steuererklärung suspekt vorkommen. Das ist nicht ganz unwesentlich in Italien, wo die Steuerhinterziehung ein Volkssport ist und wo laut Schätzungen Jahr für Jahr bis zu 250 Milliarden Euro am Steueramt vorbei gewirtschaftet werden. Im kommenden Jahr soll die Cash-back-Aktion mit deutlich erhöhten Maximalbeträgen weitergeführt werden. Die Regierung hofft, die bargeldverliebten Italiener damit langfristig an den Gebrauch elektronischer Zahlungsmittel zu gewöhnen.

Viel Geld im Spiel

Natürlich wird der Staat im Rahmen der Cash-back-Aktion erst einmal viel Geld an seine Bürgerinnen und Bürger überweisen müssen. Aber es werden sich auch die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer erhöhen. Wie hoch die Mehrerträge des Fiskus ausfallen werden, lässt sich naturgemäß nicht prognostizieren, da niemand weiß, wie viele Einkäufe, die ohne die neue Maßnahme schwarz bezahlt worden wären, nun steuerlich abgerechnet werden. Fest steht jedoch, dass sich die Aktion bei den bisherigen Schwarztransaktionen lohnen wird. Die Mehrwertsteuer beträgt in Italien 22 Prozent – wenn der Staat davon zehn Prozent an den Käufer zurückgibt, wird er immer noch ein gutes Geschäft gemacht haben.

Letztlich leitet die Regierung von Giuseppe Conte mit der Cash-back-Aktion bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung und der Schattenwirtschaft einen Paradigmenwechsel ein. Nachdem die bestehenden Steuergesetze mit ihren Strafandrohungen wenig gefruchtet haben, versucht es das Steueramt nun mit positiven Anreizen: Wer Geldströme elektronisch transparent macht, erhält Geld zurück. Die Rückerstattung folgt dem bekannten, etwas bauernschlauen Motto von Sonderrabatten – "Je mehr du kaufst, desto mehr sparst du" – und könnte damit sogar noch das Weihnachtsgeschäft ankurbeln.

Bis zu 100.000 Euro pro Woche

Einen weiteren positiven Anreiz schafft die Regierung mit einer zweiten Maßnahme, mit der die Regierung die Bevölkerung zu mehr Steuerehrlichkeit erziehen will. Ab dem 1. Jänner wird jeder Kassenzettel – sei es in einem Supermarkt, in einer Boutique, in einem Restaurant oder in einer Bar – automatisch zum Lotterieschein. Dem "scontrino" wird eine Zahlenkombination aufgedruckt, die bei den wöchentlichen und monatlichen Ziehungen zur Glückszahl werden kann. Den glücklichen Gewinnern winken als Hauptpreis 25.000 bis 100.000 Euro, am Ende des Jahres wird ein Superhauptpreis von fünf Millionen Euro ausbezahlt – steuerfrei.

Der Clou an der Sache: Die Aussicht auf einen möglichen Lotteriegewinn dürfte zahlreiche Kunden motivieren, beim Bezahlen auf der Ausgabe eines Kassenzettels zu bestehen. Das ist zwar auch in Italien seit Jahrzehnten gesetzlich vorgeschrieben, wird aber von Geschäftsinhabern, Selbstständigen und Handwerkern nur allzu oft "vergessen". Um an der Kassenzettellotterie (und am Cash-back) teilnehmen zu können, muss man lediglich eine App auf sein Mobiltelefon herunterladen, über eine elektronische Identitätskarte verfügen und die IBAN des Kontos angeben, auf das die Rückzahlung oder der etwaige Lottogewinn überwiesen werden soll. (Dominik Straub aus Rom, 5.12.2010)