Auf der von er Uni Graz organisierten Online-Diskussion wurde die geplante Novelle des Universitätsgesetzes teils heftig kritisiert.

Foto: APA / ERWIN SCHERIAU

Wien/Graz – Die Senate sehen in der geplanten Novelle des Universitätsgesetzes (UG) eine besorgniserregende Entwicklung. Mit den darin vorgesehenen Kompetenzverschiebungen etwa bei der Rektors-Wiederwahl verändere man das derzeit gut funktionierende Zusammenspiel zwischen den drei Leitungsgremien Senat, Rektorat und Unirat ohne wirklichen Grund, monierte der Sprecher der Senatsvorsitzenden, Gernot Kubin, bei einer von der Uni Graz Freitag Abend organisierten Online-Diskussion.

In der derzeit in Begutachtung befindlichen Novelle sollen Senate zwar weiter wie bisher bei der Bestellung der Rektoren mitbestimmen. Für eine erste Wiederbestellung nach vier Jahren wären künftig aber nur die Uniräte zuständig. Außerdem sollen etwa Rektorate ein Initiativrecht für Änderungen in den Studienplänen bekommen, die dann von den Senaten behandelt werden müssen.

Checks and Balances

"Die drei Leitungsorgane arbeiten derzeit auf Augenhöhe und haben eine Art System von Checks and Balances", meinte Kubin. Dieses Zusammenspiel funktioniere durchaus gut. "Mit der Novelle haben wir aber jetzt Entwicklungen, die mir Sorgen machen." So könnten etwa die von den Senaten eingesetzten Berufungskommissionen vom Rektorat einen Beobachter zur Seite gestellt bekommen, der "jetzt überspitzt formuliert als Spion fungiert". Das Initiativrecht des Rektors für curriculare Änderungen könne man auch als eine Art "Post des Ministeriums von außen" sehen.

Die mögliche erste Wiederbestellung des Rektors nur mehr durch den Unirat sieht Kubin "durch nichts begründet". Damit könne dieser für weitere vier Jahre bestätigt werden, ohne dass eine einzige an der Uni tätige Person zustimme. Die dahinter stehende Intention, reformorientierte Rektoren nach Auseinandersetzungen mit den Senaten zu schützen, kommentierte Kubin mit einer Anspielung auf die US-Präsidentschaftswahlen: "Wir haben gerade erlebt, wie in den USA vor vier Jahren ein Reformer angetreten ist, den man in Europa kritischer gesehen hat als in den USA." Und nun sei man froh, dass der gleiche Souverän, der ihn bestellt hat, auch wieder die Chance gehabt habe, ihn wieder abzuwählen. "Diese Möglichkeit sollten wir nicht weggeben."

Gegen Mindestleistung

Durchaus kritisch sah Kubin, Leiter des Instituts für Signalverarbeitung und Sprachkommunikation an der TU Graz, auch die Einführung einer Mindeststudienleistung von 24 ECTS in den ersten vier Semestern. Er selbst habe neben seinem technischen Hauptstudium andere Studien – etwa Sprachwissenschaften – betrieben, aus denen er unter diesen Bedingungen hinausgeflogen wäre. "Ohne diese Kenntnisse hätte ich mein Institut nicht gründen können." Außerdem werde die Regelung Berufstätigen nicht gerecht: Einer seiner Studenten sei LKW-Fahrer bei einer Handelskette gewesen und habe eine Familie gehabt – "der hat Qualität gebracht, aber nicht Quantität". Eine solche Studienleistung wäre von ihm nur schwer zu erbringen gewesen. "Wir schneiden damit die Möglichkeit ab, ein Studium auf Sparflamme zu betreiben, was ja niemanden etwas kostet."

Der Hochschul-Sektionschef im Bildungsministerium, Elmar Pichl, konterte dies mit einem Verweis auf die zu schaffenden Rahmenbedingungen und Studienkultur. "An wem orientiere ich mich? Am Lkw-Fahrer oder an 270.000 hauptsächlich jungen Studierenden, die wir zum Abschluss eines ersten Studiums führen wollen?" Die geplanten durchschnittlich sechs ECTS pro Semester seien auch von berufstätigen Studierenden durchaus zu schaffen. Im internationalen Vergleich nehme Österreich, wo nur sechs Prozent ihr Studium in der Regelstudienzeit absolvieren, eine Sonderrolle ein. "Es gibt Länder, wo man entweder studiert oder eben nicht studiert. Bei uns ist das etwas unaufgeräumt."

Weniger Prüfungstermine

ÖH-Vorsitzende Sabine Hanger monierte vor allem die geplante Möglichkeit der Universitäten, künftig nur mehr zwei statt wie bisher drei Prüfungstermine pro Semester anzubieten. "Warum, wenn man sich ja das Zahl gesetzt hat, die Prüfungsaktivität zu erhöhen?" Auch die Vorsitzende der Universitätenkonferenz (uniko), Sabine Seidler, war der Ansicht, dass drei Prüfungstermine durchaus Sinn machen würden. In großen Studienrichtungen habe es zuletzt aber Diskussionen von Professoren gegeben, dass viele derzeit angebotene Prüfungen von den Studenten nicht wahrgenommen wurden. (APA, 5.12.2020)