Demos in Paris: Die nackte Gewalt wurde ausgelöst durch ein umstrittenes Sicherheitsgesetz.

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Aus Paris kommen wieder einmal spektakuläre, ja verstörende Bilder bürgerkriegsähnlicher Krawalle. Die nackte Gewalt wurde ausgelöst durch ein umstrittenes Sicherheitsgesetz, angeheizt durch einen Fall rassistischer Polizeigewalt – und ausgeschlachtet durch mindestens so gewalttätige Randalierer des Schwarzen Blocks: 67 Polizisten wurden in Paris und anderen Städten verletzt.

Ursachen- und Schuldfrage

Wie immer man die – letztlich politische – Ursachen- und Schuldfrage beantwortet, gibt doch etwas zu denken: Seit gut zwei Jahren steht die Präsidentschaft Emmanuel Macrons im Banne der Gewalt. Gelbwesten, Proteste gegen Reformvorhaben und jetzt gegen Polizeigewalt – die Gewaltspirale dreht sich in Frankreich immer schneller. Und der unerfahrene Präsident im Élysée-Palast reagiert immer ungeschickter: Indem er einen zentralen Artikel des Polizeigesetzes halbwegs zurückgezogen hat, erzürnt er sowohl Gegner wie auch Polizeigewerkschafter.

Macrons große Verantwortung

Die zunehmende soziale, politische und gesellschaftliche Spannung in Frankreich hat zumal in der unwägbaren Corona-Zeit etwas Beunruhigendes. Nicht auszuschließen, dass Macrons Amtszeit im Schlamassel endet. Viele Franzosen rufen deshalb bereits nach einer "Autorität", gar einem "starken Mann". Am Sonntag bot sich ein ehemaliger Militär, Ex-Generalstabschef Pierre de Villiers, den Lesern eines Boulevardblattes im Hinblick auf die Präsidentschaftswahlen 2022 an. Gewehr bei Fuß steht natürlich auch Rechtspopulistin Marine Le Pen. Auf Macron lastet eine große Verantwortung. (Stefan Brändle, 6.12.2020)