Die erste Bilanz ist eher ernüchternd: Nicht einmal ein Drittel der Bevölkerung in Tirol und Vorarlberg hat an den kostenlosen Massentests teilgenommen. Die beiden Bundesländer im Westen waren gemeinsam mit Wien – wo die Testungen noch bis Mitte Dezember laufen – die ersten, in denen die Aktion stattfand. Bis Sonntag konnten sich alle, die wollten, in Teststraßen einen Corona-Abstrich nehmen lassen: 32 Prozent der Testberechtigten in Tirol und 31,3 Prozent der Berechtigten in Vorarlberg haben das Angebot innerhalb der drei Testtage angenommen.

Zum Vergleich: In Südtirol, wo sich die Bevölkerung Ende November ebenfalls freiwillig testen lassen konnte, gingen fast 62 Prozent der Berechtigten hin – 0,9 Prozent der getesteten Südtiroler waren positiv. In Österreich waren die positiven Testergebnisse bisher noch seltener. Die Zahl bewegt sich zwischen 0,28 Prozent (Tirol) und 0,45 Prozent (Vorarlberg) aller Tests. Auch in Wien liegt die Positivrate in diesem Spektrum.

Test bei Messe Wien ohne Anmeldung möglich

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) ist jedenfalls zufrieden: "Wir konnten mit der Massentestung erreichen, dass Tausende nicht angesteckt werden." Der Landeschef stellte am Sonntagabend auch gleich weitere Tests in Aussicht: Bei nur einem Testwochenende werde es wohl nicht bleiben. Er erwarte eine mit der Bundesregierung abgestimmte "Doppelstrategie", erklärte er bei einer Pressekonferenz im Landhaus. Auch Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) zog eine erste positive Bilanz und sprach von einem "wichtigen Schritt in der Pandemiebekämpfung".

In Wien ließen sich am Montag Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gemeinsam testen – um mit gutem Beispiel voranzugehen und die Bürger zu motivieren. Kurz stellte dabei eine Entscheidung über eine zweite Testwelle für diese Woche in Aussicht. Angesichts der geringen Teilnahmebereitschaft bei den bereits abgeschlossenen Tests in Tirol und Vorarlberg hält Kurz ein Anreizsystem für möglich. In der Hauptstadt ist wegen des mäßigen Andrangs am Teststandort Messe nun zumindest keine Voranmeldung mehr notwendig.

Polizei startet Tests, Oberösterreich die Anmeldung

Zeitgleich startete die Polizei zu Wochenbeginn ihre Massentests. An zwei Terminen können sich die rund 39.000 Mitarbeiter der Exekutive und der Sicherheitsverwaltung freiwillig an einer von mehr als 100 Teststraßen in Österreich testen lassen. In Oberösterreich beginnt hingegen die Online-Anmeldung für die Massentests für die gesamte Bevölkerung. Sie werden von 11. bis 14. Dezember stattfinden. An 150 Standorten werden in Oberösterreich knapp 600 Teststraßen zur Verfügung stehen.

Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) ließen sich am Montag testen – negativ.
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Und wie steht es um die Impfung?

Im Ö1-"Morgenjornal" erläuterte Christiane Druml von der Bioethikkommission im Kanzleramt, die explizit keine Impfpflicht für die Gesamtbevölkerung vorschlägt, welche Gruppen bei anstehender Verfügbarkeit eines Impfstoffs zuerst profitieren sollen: Zunächst werde das Gesundheitspersonal in Spitälern und Pflegeheimen geimpft, hier sei freilich "eine verengte Freiwilligkeit" vorgesehen – wer "triftige Gründe" habe, sich nicht impfen zu lassen, solle für die Zeit der Pandemie "anderweitig" eingesetzt werden und nur Kontakt zu geimpften Menschen haben, so Druml.

Ebenfalls ganz oben auf der Liste stehen für die Bioethikkommission besonders vulnerable Gruppen wie hochbetagte Personen in Pflegeeinrichtungen. Danach solle der Impfstoff jenen Berufsgruppen, die viel Kontakt zu anderen Menschen haben, zur Verfügung gestellt werden – also etwa Pädagogen oder Handelsangestellten. Prioritär seien auch Berufsgruppen, die in der kritischen Infrastruktur arbeiten – Polizisten, Feuerwehrleute und Mitarbeiter von Elektrizitätswerken etwa. Für die Zeit der Pandemie, empfiehlt die Kommission, solle die Impfung kostenlos sein.

Impfpflicht würde Gegner auf den Plan rufen

Herwig Kollaritsch, Infektionsexperte und Mitglied der Corona-Expertenkommission, erklärte am Montag via Ö1 zudem, warum eine generelle Impfpflicht in Österreich nicht angedacht sei: "Wann immer wir eine Impfpflicht verordnet oder angedacht haben, dann haben wir nur Impfgegner auf den Plan gerufen und die Fronten verhärtet." Der Fachmann empfiehlt stattdessen, auf Aufklärung über den Impfstoff zu setzen. Derzeit würden sich laut Kollaritsch an die 40 Prozent in Österreich impfen lassen, sobald es einen Impfstoff gäbe.

Anders als bei den Massentests ist Kollaritsch optimistisch, dass das bald verfügbare Impfangebot gut genutzt werde, denn: Viele Menschen würden nach dem harten Lockdown und wenigen Sozialkontakten den Sinn hinter den aktuellen Schnelltests nicht sehen, deren Ergebnis ja nur "eine Momentaufnahme" liefere. Mit entsprechender Kommunikation gelte es bei den anstehenden Impfungen, einer solch "negativen Grundhaltung" entgegenzuwirken. (Katharina Mittelstaedt, Nina Weißensteiner, 7.12.2020)