
Die Cloud Infrastructure Platform (CLIP) am Vienna BioCenter (VBC).
Wien – Österreich hat einen Cluster, über den man sich – entgegen der jüngsten Erfahrungen mit diesem Begriff – durchaus freuen kann, denn mit ihm können etwa Erbgutanalysen oder die Verarbeitung von Daten aus dem Teilchenbeschleuniger LHC künftig deutlich schneller durchgeführt werden. Für derartige hochkomplexe Anwendungen steht einem Zusammenschluss von 14 Forschungsinstitutionen und über 400 Wissenschaftern der größte außeruniversitäre Supercomputer-Cluster Österreichs zur Verfügung. Die Server der "Cloud Infrastructure Platform" (CLIP) befinden sich am Vienna BioCenter (VBC) in Wien-Landstraße. Hinter der Initiative stehen die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW), das Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP) und das VBC.
CLIP verbessert als Supercomputer-Cluster die Geschwindigkeit von Rechenprozessen enorm. Alle Wissenschafter, die sogenannte "in silico" Methoden, also hochkomplexe Simulationen, nutzen, haben die Möglichkeit auf den neuen Supercomputer zuzugreifen – unabhängig vom Standort der Forschenden. So ist es auch möglich, CLIP in der Feldforschung zu nutzen, etwa in der Geologie oder Weltraumforschung.
Sekunden statt Stunden
"Wissenschafter können die Zeit, die für Berechnungen gebraucht wird, drastisch reduzieren, wenn sie CLIP nutzen. Ein Task, der normalerweise mehrere Stunden dauert, kann in nur wenigen Sekunden ausgeführt werden", erklärt Ronny Zimmermann, der die IT-Abteilung des IMP und der beiden ÖAW-Institute IMBA (Institut für Molekulare Biotechnologie) und GMI (Gregor-Mendel-Institut für molekulare Pflanzenbiologie) leitet. "Das kann man vergleichen mit mehreren hunderten Rechnern, die als eine Einheit zusammengeschaltet sind."
Die nackten Zahlen hinter CLIP sind tatsächlich beeindruckend: Mehr als 200 Server laufen mit über 7700 CPU-Kernen (zum Vergleich: reguläre Homecomputer haben zwischen vier und sechs), 112 Grafikprozessoren (GPU) und mehr als 250 Terabyte Speicherkapazität. 14 Institutionen in Österreich nutzen bereits CLIP-Services, darunter zahlreiche Forschungsgruppen am Vienna Biocenter und an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Flexible Lösungen
"CLIP ist für die Forschungsarbeit in unserer Gruppe essentiell. Die meisten unserer Projekte brauchen eine hohe Rechenleistung, zum Beispiel für die Analyse von umfangreichen Sequenzierungsdaten, Polymersimulationen von DNA-Strukturen oder auch für Modellierungen", sagt Anton Goloborodko, Gruppenleiter am IMBA und einer der Forscher, der CLIP bereits verwendet. "Diese Projekte haben alle unterschiedliche rechnerische Anforderungen. Manche brauchen hunderte von schwachen Computern, manche ein paar wenige sehr leistungsstarke und manche benötigen sogar spezielle Hardware (GPUs). Trotzdem hat CLIP Lösungen für all unsere Projekte." (red, 7.12.2020)