Spotify arbeite an einem eigenen "Uploadfilter".

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Er ist einer der größten Kritikpunkte an der EU-Urheberrechtsreform: Artikel 17 (vormals Artikel 13). Dieser soll sich speziell an große Plattformen wie Youtube oder Facebook richten und sie dazu verpflichten, von Nutzern hochgeladene Inhalte vor ihrer Veröffentlichung auf Copyrightverletzungen zu prüfen. Dies hat dem Mechanismus prompt den Beinamen "Uploadfilter" eingebracht.

Während mehrere Regierungen angekündigt haben, bei ihrer Implementation der EU-Richtlinien darauf verzichten zu wollen, arbeitet Spotify offenbar genau an einem solchen System, wie aus einem Patentantrag hervorgeht, den "Music Business Worldwide" vorstellt.

Fingerabdruckvergleich

"Plagiarism Risk Detector And Interface" nennt sich die Erfindung in der Ideenschrift des Musikstreaminganbieters. Sie sieht vor, dass Künstler bei der Einreichung eines Songs auch ein sogenanntes "Leadsheet" hochladen müssen. Dieses enthält in der Regel die Melodie und Akkorde, in manchen Fällen auch den Songtext.

Aus diesem soll das System einen "Fingerabdruck" generieren und dann mit den Leadsheet-Daten anderer Lieder in der Datenbank – die Algorithmen sollen bereits mit zahlreichen dieser "Werkblätter" trainiert worden sein – abgleichen. Überprüft werden die Songs dabei auf mehreren Ebenen wie Akkordfolge, Melodieelemente und Harmonien.

Im Ergebnis soll eine Feststellung erfolgen, ob das Lied eine völlig neue Kreation ist oder man – egal ob mit Absicht oder aus Versehen – einem anderen Werk problematisch nahe kommt. Die entsprechenden Stellen sollen dabei markiert werden. Die Prüfung soll nahezu in Echtzeit stattfinden, um den Künstlern die Möglichkeit zu geben, schnell Anpassungen vorzunehmen.

Die australische Comedy-Rockband Axis of Awesome demonstriert, dass viele bekannte Songs auf die gleichen oder auf zumindest sehr ähnliche vier Akkorde setzen.
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Potenzieller Kreativitätshemmer

Was oberflächlich klingt wie ein praktisches Hilfsmittel, könnte aber hochproblematische Folgen haben, merkt "Torrentfreak" an. So merkt man etwa an, dass es angesichts der schieren Zahl bereits veröffentlichter Lieder – auch in jüngeren Jahren – kaum noch kürzere, einzigartige Tonfolgen geben kann. Jede Kombination aus sechs Tönen hat wohl irgendwann schon wer in ein veröffentlichtes Lied verarbeitet.

Weiters war das Remixen und Erstellen von Derivaten stets ein Teil des künstlerischen Prozesses, speziell wenn es um die Verfestigung und Erweiterung verschiedener Stile geht. Zudem weist man auch auf den sogenannten "Amen Break", eine Trommelfolge aus dem 1969er-Song "Amen, Brother" von The Winstons hin.

Eine kurze Dokumentation zum "Amen Break".
Great Big Story

Dieser rhythmische "Füller" hat es seitdem längst in unzählige andere Lieder aus verschiedensten Genres geschafft – verwendet wurde er etwa von NWA und David Bowie. Mit einem System, wie Spotify es offenbar einführen will und bei dem man sich an die Serie "Black Mirror" erinnert sieht, wäre dies wohl nicht möglich, argumentiert man. (gpi, 7.12.2020)