Es ist ein Chancenskandal, ein Gerechtigkeitsskandal.

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Oberflächlich betrachtet könnte man die Ergebnisse der neuen TIMSS-Studie halb zufrieden und halb na ja zur Kenntnis nehmen: Laut dem Vergleich der Mathematik- und Naturwissenschaftskompetenzen der Schülerinnen und Schüler in der vierten und achten Schulstufe in 58 Ländern und sechs Bildungsregionen sind unsere Viertklässler (Österreich nahm nur mit Volksschulen teil) in Mathe richtig gut, in Naturwissenschaften (Biologie, Physik, Geografie alias Sachunterricht) zumindest Mittelmaß. Besser als schlecht.

Nicht naturgegeben, sondern gemachter Skandal

Wirklich? Um die wirklich schlimmen, die richtig schlechten Ergebnisse zu sehen, muss man genauer hinschauen – auf den scheinbar ewigen blinden Fleck der österreichischen Bildungspolitik: Wenn Kinder von Eltern mit Pflichtschulabschluss in Mathe um 78 und in Naturwissenschaften um 110 Punkte weniger als Akademikerkinder erreichen, dann ist das nicht naturgegeben, sondern ein gemachter oder nicht verhinderter Skandal. Ein Chancenskandal, ein Gerechtigkeitsskandal. Entspricht diese Leistungsdifferenz doch einem Lernrückstand von fast zwei bzw. rund vier Schuljahren, und das am Ende der Volksschule! Nicht überraschend, dass auch Migrationsbiografie und sozioökonomischer Hintergrund systemische und damit systematische Bildungsnachteile bedeuten.

Gutes und gerechtes Bildungssystem

Diese sind aber nicht nur das Problem der direkt Betroffenen. Im Gegenteil. Bildungsungerechtigkeit schadet mittelfristig allen. Nur ein gerechtes Bildungssystem ist auch ein gutes. (Lisa Nimmervoll, 8.12.2020)