Bild nicht mehr verfügbar.

Illustration: Ap Tomos

Pro
von Thorben Pollerhof

Gott, wie ich es hasse, wenn eine Kurznachricht an mein Gegenüber falsch verstanden wird. Hier ist ein Komma falsch gesetzt, dort fehlt ein Emoji, oder ein auf die Schnelle getippter Rechtschreibfehler macht den ganzen Satz unkenntlich.

Da sind Sprachnachrichten ein Segen. Die werden nämlich in der Regel nicht missinterpretiert, weil man Emotionen und auch solche Dinge wie Sarkasmus in der eigenen Stimme verpacken kann. Da bleiben dann keine Fragen mehr offen, oder nur noch die, die in der Sprachnachricht gestellt wurden.

Diese zu beantworten, liebe Kollegin auf der rechten Seite, ist nämlich ebenfalls einfach. Anhören und währenddessen schon eine Antwort tippen. Und wenn es zu schnell geht, gibt es da auch einen Pause-Knopf. Zurückspulen kann man auch, der Wahnsinn.

Hauptsache, elende Textwüsten verschwinden. Schaue ich auf mein Handy und ich sehe zehn Nachrichten derselben Person, werfe ich das Ding gleich in die Ecke. Dann doch lieber in einer langen Sprachnachricht merken, dass sich die andere Seite Zeit für einen genommen hat.

Kontra
von Muzayen Al-Youssef

Oh, wie praktisch. Nichts tippen und trotzdem das Gegenüber informieren, Gedanken ganz unbeschwert teilen und auf Emojis verzichten. Wie ein Telefonat, ohne dass beide Parteien gleichzeitig Zeit haben müssen. Geradezu ein Wunder der Technik! Oder? Nein. Denn eigentlich wälzt man den gesamten Aufwand auf den Empfänger ab: Der muss entweder einen Ort suchen, um sich die Nachricht allein anzuhören, oder Kopfhörer aufsetzen oder sich das Handy ans Ohr halten.

Option eins und zwei sind schon einmal Arbeit, die die Motivation, sich dieses Elend anzutun, vermindert. In letzterem Fall muss man sich alles, was der andere gesagt hat, merken und dann Punkt für Punkt antworten, was oft dazu führt, dass man erneut alles in voller Länge "genießen" darf. Außer die Aufnahme ist kurz, aber wer macht schon eine kurze Sprachnachricht, wenn er kurze Infos auch einfach niederschreiben könnte? Also, liebe Leserin, lieber Leser und vor allem liebe Freunde von mir, die Sprachnachrichten verschicken und denen ich diesen Text zukommen lassen werde: Bitte nicht. Danke. (RONDO exklusiv, 11.12.2020)