Hunde verfügen über einen exzellenten Hörsinn, der jenen des Menschen bei weitem in den Schatten stellt: Die Vierbeiner hören in Frequenzen, die wir längst nicht mehr wahrnehmen können. Die Fähigkeit vieler Hunderassen, ihre Ohrmuscheln gezielt auf eine Geräuschquelle auszurichten, verhilft zu einer dreidimensionalen Geräuschortung und verbessert die Empfindlichkeit ihres Gehörs zusätzlich. Dennoch entgehen ihnen phonetische Feinheiten der menschlichen Sprache, wie ungarische Forscher kürzlich herausgefunden haben.

Dem Vierbeiner ist es egal, ob er ein "guter Hund" oder ein "giter Hand" ist, wie Experimente nahelegen. Ob er gelobt oder geschimpft wird, erkennt er am Tonfall seines Menschen.


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Biologen wissen seit langem, dass Hunde im Lauf der Evolution ein feines Sensorium für die menschliche Stimme entwickelt haben. Sie können aus Stimmlage und Tonfall ihrer Besitzer erkennen, ob sie gerade gelobt oder geschimpft werden. Sie nehmen also auch soziale Informationen wahr, die über Stimmen und Geräusche transportiert werden.

Wie Experimente zeigen, verarbeiten die Vierbeiner Sprache im Gehirn sogar auf ähnliche Weise wie Menschen: Die linke Hirnhälfte ist für die Verarbeitung der Bedeutung der einzelnen Wörter zuständig, die rechte Hirnhälfte reagiert hingegen auf die Intonation. Anschließend kommt es zur Synthese von Inhalt und Intonation.

Die Anpassung von Hunden an unsere Kommunikation ist nicht ganz überraschend, immerhin begleiten die domestizierten Wölfe unsere Spezies seit mindestens 15.000, vielleicht sogar schon seit 30.000 Jahren, wie archäologische Funde zeigen.

Begrenzter Wortschatz

Trotz ihres grandiosen Gehörs und der erstaunlichen Sprachverarbeitung können Hunde im Laufe ihres Lebens die Unterscheidung von nur relativ wenigen Wörtern erlernen. Warum das so ist, haben kürzlich Forscher um Lilla Magyari von der Universität Budapest genauer untersucht. Wie sie im Fachblatt Royal Society Open Science berichten, dürfte das vor allem einen Grund haben: Hunde achten einfach nicht auf kleine Lautunterschiede zwischen einzelnen Wörtern.

Forscher untersuchten die Gehirnaktivitäten von Familienhunden, wenn sie bestimmte Wörter hörten.
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Für ihre Studie untersuchten Magyari und ihre Kollegen unterschiedliche Familienhunde mittels Elektroenzephalografie (EEG), einer gängigen nichtinvasiven Methode zur Messung der elektrischen Aktivität des Gehirns. "Die Elektroenzephalografie misst aber nicht nur Gehirnaktivität, sondern auch Muskelbewegungen. Deshalb mussten wir sicherstellen, dass die Hunde ihre Muskeln während der Messung so wenig wie möglich anspannten", sagte Magyari.

Auf Beruhigungsmittel wurde in der Studie aber verzichtet, stattdessen luden die Forscher die Hunde und ihre Besitzer gemeinsam ins Labor ein und versuchten, eine möglichst entspannende Atmosphäre zu schaffen.

Befehle aus der Konserve

Sobald sich die Tiere an die Situation gewöhnt hatten und zur Ruhe gekommen waren, brachten die Forscher Elektroden an ihren Köpfen an und begannen, die Gehirnströme zu messen. Nun wurden den Hunden aufgezeichnete Anweisungen vorgespielt, die sie bereits kannten: etwa Befehle wie "Sitz!" und "Platz!", freilich auf Ungarisch.

Dazwischen kamen leicht abgewandelte Befehle, die ähnlich klangen, aber keinen Sinn ergaben, zum Beispiel "Sutz!" und "Pletz!". Die dritte Kategorie umfasste wiederum völlig erfundene Wörter, wie beispielsweise "Bep!".

Die Auswertung der gemessenen Gehirnaktivitäten brachte ein recht eindeutiges Ergebnis. Die EEG-Daten zeigten, dass die Hunde schnell und klar bekannte Befehle von frei erfundenen Wörtern wie "Bep" unterscheiden konnten. Die Reaktionszeit ähnelte dabei der von Menschen in vergleichbaren Untersuchungen, berichten die Biologen: Es dauerte gerade einmal 200 Millisekunden, bis sich die Reaktion im EEG niederschlug.

Ein Proband auf der Labormatratze.
Foto: Vivien Reicher

Wurde den Tieren ein Wort vorgespielt, das einem bekannten Befehl bis auf einen Laut glich ("Pletz"), reagierten sie hingegen genau wie bei dem richtigen Wort ("Platz"). Der phonetische Unterschied war ihnen also offenbar entgangen.

"Dieses Muster ähnelt den Ergebnissen von Experimenten mit Säuglingen im Alter von etwa 14 Monaten. Die Fähigkeit, phonetische Details von Wörtern effizient verarbeiten zu können, die eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung eines großen Wortschatzes ist, entwickelt sich bei Kindern im Alter zwischen 14 und 20 Monaten", schreiben die Wissenschafter.

Parallelen zu Säuglingen

Dahinter stecke jedoch keine Wahrnehmungsbeschränkung, Babys könnten bereits nach wenigen Wochen Laute voneinander unterscheiden. Ihre Aufmerksamkeitsspanne und die Verarbeitungsfähigkeit des Wahrgenommenen reiche aber noch nicht aus, um die Unterschiede ähnlich klingender Wörter zu erfassen – und das dürfte bei Hunden ebenso der Fall sein, wie die Forscher vermuten.

"Hunde kümmern sich möglicherweise einfach nicht um alle phonetischen Details, wenn sie Wörter hören", so Magyari. Weitere Untersuchungen sollen zeigen, ob dies ein Grund sein könnte, warum Hunde sich im Zusammenleben mit dem Menschen kein größeres Vokabular aneignen können. (David Rennert, 7.1.2020)