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Louise Glück bekam ihre Nobelpreis-Medaille am Montag daheim in Cambridge zugestellt.

Foto: Nobel Prize Outreach/Daniel Ebersole via REUTERS

Dass Louise Glück wegen Corona nicht zur am Donnerstag stattfindenden Nobelpreisgala nach Stockholm reisen muss, sondern die Medaille am Montag daheim in Cambridge zugestellt bekam, macht ihr wohl nichts. Die US-Dichterin gilt sowieso als zurückgezogen – ihre auf der Nobel-Website schriftlich vorliegende Nobelpreisrede bekräftigt das. "Das Licht war zu grell", kommentiert Glück darin den Tag ihrer Verkündung. Ihre Panik am 8. 10. verquickt sie auf den fünf Seiten mit ihrer Lesesozialisation. Als ob man daran gezweifelt hätte: Trara hat in dieser keinen Platz.

Nobel Prize

So erinnert sich die 77-Jährige an die klagende Stimme bei William Blake oder Emily Dickinson, die sie als schüchternes und ängstliches Kind bereits faszinierte. Sie preist Dichter, die ein Miterleben ihres Lesers herausfordern, und unterscheidet sie von "Stadiondichtern" und solchen, die zu sich selbst sprechen. Es ist für Glück klar, dass ein so stiller Dichter sich von öffentlichem Applaus bedroht fühlt. Klar, auch sie will viele erreichen, aber nicht auf einmal! Kommen soll "einer nach dem andern".

Insgesamt 300 verkaufte Bände

Für Verlage ist das schwierig. Für Luchterhand waren Glück-Bände bisher kein gutes Geschäft, so wurde eine langsame Entdeckung mangels Absatzes bald unmöglich. Inzwischen sind Averno und Wilde Iris aber wieder nachgedruckt; 28.000 Stück sollen den erhofften Ansturm befriedigen. Für Herbst 2021 ist ein neuer Band geplant, 2024 soll eine Werkausgabe vorliegen: Dass die Rechte zu anderen Konditionen erworben wurden als einst, "versteht sich von selber". Konkreter wird der Verlag nicht.

Hinter die Kulissen ließ jüngst aber El Pais blicken. Laut dem Blatt wollte Glücks Agent am Tag nach Zuerkennung der Ehrung dem Verleger in Spanien nach 14 Jahren und sieben Übersetzungen die Rechte entziehen: Er hätte Zahlungen nicht fristgerecht überwiesen. Vielleicht war dem Agenten auch der Erlös der Bücher zu schmal? Die Frankfurter Allgemeine Zeitung brachte in Erfahrung, es wurden in all der Zeit bloß 200 bis 300 Stück verkauft – "von allen zusammen".

Luchterhands Optimismus bremst das nicht: "Wir drucken bei Bedarf so schnell wie möglich nach." Mit Nobelpreis und etwas Glück wird das vielleicht nötig. (Michael Wurmitzer, 9.12.2020)