Das Hass-im-Netz-Paket tritt mit kommendem Jahr in Kraft.

Foto: APA

Das lange in Arbeit befindliche und bis zuletzt nicht unumstrittene Hass-im-Netz-Paket hat erfolgreich den Nationalrat passiert. Das federführend vom Bundeskanzleramt mit Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) und dem Justizministerium unter Ministerin Alma Zadić (Grüne) erarbeitete "Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz" – so das parlamentarische Wording – wurde beschlossen. Es soll mit 1. Jänner 2021 in Kraft treten.

Löschpflicht für Hasskommentare, Upskirting-Verbot

Befürworter sehen darin einen Beitrag, um Hetze und Drohungen, speziell auf großen sozialen Medien wie Facebook, einzuschränken und gravierende Verstöße auch für die Behörden besser verfolgbar zu machen. Zentral ist dabei eine Löschpflicht, die vorsieht, dass Onlineplattformen mit mehr als 500.000 Euro Umsatz oder mehr als 100.000 Nutzern rechtswidrige Beiträge innerhalb von 24 Stunden nach einer Meldung entfernen. In fraglichen Fällen haben sie sieben Tage Zeit.

Systematische Verstöße werden von der Regulierungsbehörde Komm Austria verfolgt, die Strafen in Höhe von bis zu zehn Millionen Euro verhängen kann. Dabei hat Türkis-Grün eine Reihe an Ausnahmen vorgesehen: Nicht betroffen sind nicht gewinnorientierte Plattformen, Enzyklopädien, Zeitungsforen, Handels- und Bildungsplattformen sowie Videoplattformen, da die Regierung ansonsten Widersprüche mit der Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste der EU sieht.

Ebenso zentral sind zivilrechtliche Eilverfahren, über die Betroffene Hasspostings schneller entfernen lassen können, indem sie einen raschen Antrag auf Unterlassung erwirken. Dazu kommen auch Erweiterungen von Tatbeständen, darunter das sogenannte "Upskirting", das ungewollte Fotografieren intimer Stellen, beispielsweise unter dem Rock, sowie die Verbreitung derartiger Bilder.

Im Justizausschuss fand der von den Grünen entworfene Teil des Pakets bereits zuvor eine breite Mehrheit. Neben den Vertretern der türkis-grünen Regierung waren hier auch im Nationalrat die SPÖ und Neos mit an Bord. Sie stimmten im Nationalrat schließlich auch für diesen Teil der Gesetzessammlung.

Kritik

Die ursprüngliche Vorlage wurde in einigen Punkten stark kritisiert und im November angepasst. Beispielsweise wurden Regelungen, die potenziell zu Netzsperren hätten führen können, entschärft, indem man Internetanbieter als sogenannte "Access Provider" aus der Regelung nahm. Seitens der EU-Kommission gab es zwar keine gravierenden Einwände, aber dennoch einige Kritik an den Plänen zu einer Löschpflicht.

Im Parlament macht die FPÖ gegen das Paket mobil. Sie ortet eine Einschränkung der Meinungsfreiheit mit "politischer Schlagseite". Man stößt sich vor allem an der nach Ansicht ihrer Vertreter zu vagen Definition von löschpflichtigem beziehungsweise gesetzlich verfolgbarem Hass. Zudem attestiert man der Regelung, die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit von Inhalten vorwiegend in die Hand der Seitenbetreiber zu legen. Vor allem die Regelung für Kommunikationsplattformen, die eine Löschpflicht vorsieht, wurde zudem von dem Rest der Opposition kritisiert. So verwiesen Neos und SPÖ auf die Gefahr von Overblocking, also der Entfernung von eigentlich legalen Inhalten aus Angst vor Strafen.

Dazu kommt, dass auch auf EU-Ebene über ein einheitliches Regelwerk debattiert wird, bereits kommende Woche soll der Digital Services Act vorgestellt werden, das laut Kommission bisher größte Regulierungsvorhaben der Union im Netz. Entsprechende Richtlinien wären letztlich in österreichisches Recht zu übernehmen und würden dieses dort, wo es Abweichungen gibt, ersetzen. (gpi, muz, 10.12.2020)