Man müsse weiterhin "runter mit den Zahlen", sagt Gesundheitsminister Rudolf Anschober. Das Ziel müsse sein, die Zahl der Neuinfektionen in Richtung 1.000 zu drücken. Am Donnerstag gab es knapp 2.700 neue Fälle.

Foto: APA / Hans Klaus Techt

Wien – Für Gesundheitsminister Rudolf Anschober von den Grünen werden die kommenden vier Wochen "die wichtigsten in der Pandemiebekämpfung". Vor allem für die Feiertage um Weihnachten und Silvester brauche es daher "klare Spielregeln", wie Anschober am Donnerstag bei einer Pressekonferenz sagte. Die Maßnahmen sollen in den nächsten Tagen fixiert und kommende Woche präsentiert werden. Details nannte Anschober nicht, diese werden aber "per Verordnung verankert".

Ob es bei den bereits vergangene Woche von der Bundesregierung verkündeten Plänen für die Feiertage bleibt oder diese noch verschärft werden, ist damit offen. Diese sahen konkret vor, dass zu Weihnachten zwischen 24. und 26. Dezember sowie zu Silvester private Treffen von bis zu zehn Personen (bereits inklusive Kindern) ermöglicht werden sollen. Auch die nächtliche Ausgangssperre ab 20 Uhr soll außer Kraft gesetzt werden. Dem Vernehmen nach könnte bei Silvester-Zusammenkünften nachgeschärft werden. Anschober meinte auf eine entsprechende Frage, dass die konkreten Regelungen erst nächste Woche präsentiert werden. Man stimme sich hier auch mit anderen europäischen Ländern ab. Mit Deutschland, das wegen steigender Zahlen vor einem Lockdown steht, sei Österreichs Situation aber nicht zu vergleichen. Dazu muss aber auch gesagt werden: Deutschland hat aktuell eine Sieben-Tage-Inzidenz von knapp 150 Fällen pro 100.000 Einwohner, in Österreich sind es – nach einer Reduzierung um mehr als die Hälfte – derzeit 229 Fälle.

Knapp 2.700 Neuinfektionen am Donnerstag

Die Tendenz der Corona-Fallzahlen in Österreich zeigt jedenfalls nach unten. Am Donnerstag wurden 2.686 Neuinfektionen in 24 Stunden verzeichnet. Allerdings wurden auch 107 Tote registriert, die an oder mit dem Coronavirus verstarben. Durch die Maßnahmen des harten Lockdowns wird zeitverzögert mit einem weiteren Rückgang der neuen Corona-Fälle in den kommenden Tagen gerechnet: Herwig Ostermann, Geschäftsführer der Gesundheit Österreich (GÖG), geht bis 17. Dezember von rund 1.700 Neuinfektionen pro Tag aus.

Ostermann sprach trotz des Rückgangs bei den Fallzahlen von einem "nach wie vor hohen Niveau". Zudem müsse man bedenken, dass es in einigen Ländern nach einem erfolgreichen Lockdown schon wieder steigende Zahlen gebe. Ostermann erwähnte die Slowakei, die Schweiz und die Niederlande. Man müsse aber weiterhin "runter mit den Zahlen", wie es Anschober formulierte. Das Ziel müsse sein, die Zahl der täglichen Neuinfektionen in Richtung 1.000 zu drücken.

Rückgang bei Intensivpatienten, aber keine Entspannung

Bei der Zahl der Corona-Intensivpatienten peilt Anschober einen vorläufigen Zielwert von unter 300 Personen an. Das sei eine "Grundvoraussetzung, dass es nicht zu einem Dauerstress wird". Schließlich müssten auch wegen der Corona-Krise verschobene Operationen nachgeholt werden. Und man wisse zudem noch nicht, wie hoch die Belastung durch eine mögliche Grippewelle ausfallen wird.

Trotz eines Rückgangs bei den Corona-Intensivpatienten ist es bis zu Anschobers Zielwert aber noch ein längerer Weg. Zwar wurde der Höhepunkt – mit einer Maximalbelegung von 709 Corona-Intensivpatienten am 26. November – laut Anschober "überschritten". Noch immer befinden sich mit Stand Donnerstag aber 585 Corona-Erkrankte auf Intensivbetten. Ein Teil des Rückgangs ist auch auf Verstorbene zurückzuführen: Wie viele Corona-Todesfälle zuvor auf Intensivstationen behandelt wurden, wird aber nicht bekanntgegeben.

"Die große Katastrophe" konnte laut Anschober jedenfalls abgewendet werden. Die wäre laut Klaus Markstaller, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI), eine harte Triage gewesen. "Wir haben befürchtet, dass so eine Situation auch in Österreich eintreten kann."

Viele sehr schwere Fälle auf Intensivstationen

Von einer Entspannung spricht Markstaller aber noch nicht: Denn auf den Intensivstationen würden derzeit hauptsächlich sehr schwere Fälle behandelt, bei denen sich die Situation auch nach ein bis zwei Wochen Intensivbehandlung nicht verbessert. Im Allgemeinen Krankenhaus (AKH) in Wien müssten auch jüngere Covid-Patienten ohne wesentliche Vorerkrankungen an Herz-Lungen-Maschinen angehängt werden. Das Durchschnittsalter bei Covid-19-Intensivpatienten im AKH beträgt laut Markstaller 55 Jahre. Es gebe aber auch Patienten im Alter von Ende 20, Anfang 30.

Erst die Impfungen "werden die Lösung sein", so Markstaller. Denn mit diesen dürften nach aktuell vorliegenden Erkenntnissen vor allem schwere Covid-Fälle verhindert werden können. Noch gelte es aber, eine "Durststrecke von mehreren Monaten" zu überstehen.

Bernd Lamprecht, Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde am Kepler-Universitätsklinikum Linz, verwies trotz leicht sinkender Zahlen auf die enorme Arbeitsbelastung der Mitarbeiter. "Dieser Zustand kann nicht über viele Monate aufrechterhalten werden." Er appellierte, Schutzmaßnahmen weiterhin einzuhalten, und bat auch darum, "nicht das zu tun, was nicht ausdrücklich verboten ist".

Laut Ostermann wäre eine dritte Welle im Bereich der Spitäler kaum zu verkraften – "abgesehen von der personellen Belastung auch von den Kapazitäten her nicht". Denn Patienten einer möglichen dritten Welle würden neben anderen Erkrankten auch noch mit Corona-Hospitalisierten der zweiten Welle "in Konkurrenz treten".

Ostermann geht davon aus, dass die Zahl der Corona-Intensivpatienten bis 23. Dezember auf unter 400 sinken könnte – bei einer Bandbreite von 300 bis 450 Fällen. (David Krutzler, 10.12.2020)