Früher war Heidi Lackner Journalistin beim ORF, heute ist sie hauptberuflich Künstlerin. Sie teilt ihr Wohnen auf drei unterschiedliche Wohnorte auf. Gemalt wird aber nur in ihrer Wohnung in Wien-Brigittenau.

"Wir haben diese Wohnung eigentlich für die Kinder gekauft, wenn sie groß sind. Bis dahin wollten wir sie vermieten. Dann hat sich mein Leben schlagartig geändert. Ich hab beim ORF aufgehört, war hauptberuflich Künstlerin und habe ein Atelier gesucht. Aber alles, was ich gefunden habe, war entweder zu teuer oder ungeheizt oder finster. Zur selben Zeit hat unsere Mieterin gekündigt, und da erst ist mir bewusst geworden: Ich hab schon den perfekten Arbeitsraum. Seither verbringe ich meine Tage hier.

Heidi Lackner in ihrer Küche, die ihr von den Vorbesitzern hinterlassen wurde.
Foto: Lisi Specht

Ich wohne also eigentlich auf drei Wohnsitze aufgeteilt. Wir haben ein Haus im äußeren Wienerwald. Dann haben wir in Wien eine relativ beengte Wohnsituation mit zwei Teenager-Kindern, die gern viele Freunde mit nach Hause bringen. Dort räume ich in der Früh auf, und am Abend herrscht wieder Chaos. Diese Wohnung im 20. Bezirk ist in den letzten Monaten zum erweiterten Wohnraum geworden. Mein Mann kommt oft nach der Arbeit vorbei, und wir trinken ein Glas Wein. Wenn wir Besuch haben, wird sie zum Gästezimmer. Ich schlafe auch ab und zu hier.

Wir haben ganz viele von den Dingen, die von den Vorbesitzern noch da waren, herinnen gelassen. Das war ein Ehepaar, das die Wohnung in den 1960er-Jahren gekauft hat. Den Esstisch zum Beispiel, und die Küche. Sie sieht aus wie Lilienporzellan. Wir haben sie nur ein wenig erweitert. Überhaupt habe ich irgendwann beschlossen, dass ich keine Möbelhäuser mehr will. Ich bin früher nie in Antiquitätengeschäfte gegangen, weil ich fand, das klingt so nach exquisitem Biedermeier-Sekretär, den man sich eh als normaler Mensch nicht leisten kann.

Heidi Lackner verwendet viele Möbelstücke der Vorbesitzer weiter. Der Rest stammt zumeist aus Antiquitätenläden.
Fotos: Lisi Specht

Aber dann bin ich draufgekommen, dass diese Händler die ganze Zeit Wohnungsräumungen machen und daher die volle Bandbreite haben. Ich bestelle dort Sachen, die ich brauche, so wie sie wer anderer vielleicht bei Ikea bestellt. Gläser zum Beispiel oder die rosa Küchensessel. Ich hab dem Team von meinem Lieblingsgeschäft Kunst & Antiquitäten Vetter in Wien-Landstraße ein Bild vom vorhandenen Tisch geschickt, und irgendwann haben sie mich angerufen und gemeint: ‚So, jetzt haben wir Sessel, die passen genau dazu.‘

Man braucht halt oft ein paar Wochen Geduld. Ich hatte früher auch diese konsumorientierte Einstellung und wollte alles sofort. Jetzt entdecke ich die Freude des Wartens und der Vorfreude. Das ist meine Erkenntnis der letzten Jahre: Man kriegt in den Altwarenläden gute Qualität zum selben Preis wie bei Ikea.

Fertig bin ich mit der Einrichtung dieser Wohnung noch nicht. Einige Kleinigkeiten wie Lampen hätte ich noch gerne. Aber ich kann die Wohnung auch nicht so anräumen, weil ich Platz zum Arbeiten brauche. Das einzige Problem an der Wohnung ist nämlich, dass sie kein Altbau ist und daher auch nicht wahnsinnig hoch. Großformatige Bilder sind also eher schwierig. Damit ich arbeiten kann, muss es außerdem warm und hell und ruhig sein. Ich habe 30 Jahre in einer Bürosituation gearbeitet, wo ständig die Tür aufgegangen ist. Ich merke schon, dass es was mit einem macht, wenn man einen Raum hat, in dem man nicht gestört werden kann.

Die Künstlerin ist überzeugt: "Man kriegt in den Altwarenläden gute Qualität zum selben Preis wie bei Ikea."
Fotos: Lisi Specht

Einmal in der Stunde mache ich Pause. Dann sitze ich in dem gelben Sessel, dreh die Staffelei und schau, was nicht passt, bevor ich weitermache. An den Wänden hängen einige Bilder von mir. Das von meiner Tochter bleibt hier, davon trenne ich mich nicht. Dann hängen einige Porträts, damit Kunden sich einen Eindruck verschaffen können. Und ein Bild blieb von den früheren Eigentümern hier. Ich weiß nichts von ihnen, aber ich finde den Gedanken schön, dass es ihnen gefallen hat. Daher habe ich es hängen lassen.

Meinen Wohntraum habe ich mir schon erfüllt. Es ist unser Haus am Berg, mit großem Garten und vielen Wäldern, Spazier- und Laufwegen. Nur arbeiten kann ich dort weniger gut. Ich habe festgestellt, dass es mich schon ablenkt, wenn der Geschirrspüler piepst. Ich habe früher immer von einem Bauernhof mit Pferden geträumt. Aber wenn man älter wird, träumt man nicht mehr von solchen Abenteuern, weil man weiß, wie viel Arbeit das ist.

Diese Wohnung ist klein, ich muss sie nicht in Schuss halten, sie schreit nicht nach Aufmerksamkeit. Mittlerweile weiß ich, dass ich sie nicht mehr hergebe. Wenn unsere Kinder mal eine Wohnung brauchen, müssen sie sich etwas anderes suchen, weil ich so wahnsinnig gern hier bin." (Franziska Zoidl, 14.12.2020)