Medienpaket bringt Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen, sagt grüne Mediensprecherin Eva Blimlinger.

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Das Parlament hat in seiner Sitzung am Mittwoch das Gesetzespaket zur Umsetzung der EU-Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste (AVMD) beschlossen. Die Änderungen betreffen Gesetze für audiovisuelle Mediendienste, KommAustria, ORF und Privatradio. Die neuen Regelungen stärken unter anderem Barrierefreiheit und Jugendschutz.

Wie berichtet werden mit der Gesetzesnovelle in Österreich geltende Werberegeln und Jugendschutzanforderungen auch auf Anbieter von Video-Sharing-Plattformen ausgeweitet. Künftig müssen demnach auf Abrufdiensten mindestens 30 Prozent europäische Werke angeboten werden. Außerdem werden der ORF, private Fernsehveranstalter sowie Betreiber von Abrufdiensten dazu verpflichtet, mehr Inhalte für Menschen mit Behinderung barrierefrei zugänglich zu machen. Der ORF muss bis zum Jahr 2030 die Barrierefreiheit aller seiner Sendungen mit Sprachinhalten anstreben.

Die Änderungen im Detail:

  • Verbesserung der Barrierefreiheit von Fernseh- und Videoinhalte: betrifft alle AV-Medieninhalte (Rundfunk, Abrufdienste, VSP) und sieht die stetige und schrittweise Erhöhung der Barrierefreiheit (Gebärdensprache, schriftliche oder gesprochene Untertitel, Audiokommentar) vor.
  • Stärkung des Jugendschutzes für Inhalte auf Video-sharing Plattformen und Abrufdiensten: Jugendgefährdende Inhalte dürfen nur so bereitgestellt, dass sie üblicherweise nicht von Minderjährigen verfolgt werden können. Weiters müssen Melde- und Bewertungsmöglichkeit für Nutzer geschaffen werden.
  • Verstärkter Jugend- und Konsumentenschutz durch Co- und Selbstregulierung: mit Kennzeichnung von Sex und Gewalt, fetthaltige Lebensmittel in und rund um Kindersendungen, Alkoholwerbung in und rund um Kindersendungen
  • Stärkung europäischer Inhalte online: Abrufdienste müssen mindestens 30 Prozent europäische Werke anbieten.
  • Fairer Wettbewerb zwischen heimischen Fernsehanbietern und Video-Sharing-Plattformen
  • Einschränkung der Mediendienste, die unter dieses Gesetz fallen, um kleinen Angeboten keine hohen bürokratischen Hürde – wie insbesondere die Anzeigepflicht – aufzuerlegen. Nicht als Abrufdienst qualifiziert sind demnach Kanäle von Schulen, Universitäten und andere Forschungs- und Bildungseinrichtungen zum Zweck des Unterrichts, der Lehre, der Aufbereitung wissenschaftlicher Arbeiten oder der Fort- und Weiterbildung einschließlich der Bereitstellung aus einem Archiv; Museen, Theater und andere Kunst- oder Kultureinrichtungen zum Zweck der Darstellung ihres kulturellen Angebots einschließlich der Bereitstellung aus einem Archiv; gleiches gilt für die ausschnitthafte Darstellung des kreativen Schaffens von im Bereich der Kunst und Kultur tätigen juristischen und natürlichen Personen; Körperschaften öffentlichen Rechts zu Informationszwecken und zur Darstellung ihres Aufgabengebiet im Rahmen der Hoheits- und Privatwirtschaftsverwaltung sowie politische Parteien zur Beschreibung ihres Tätigkeitsfelds; Unternehmen zur Präsentation der von ihnen hergestellten oder vertriebenen Waren oder der von ihnen angebotenen Dienstleistungen; Vereine zur Eigenwerbung und zur ergänzenden Veranschaulichung der Tätigkeiten und Aktivitäten im Rahmen ihres Vereinszwecks oder natürliche Personen zur Darstellung des persönlichen Lebensbereichs, wie insbesondere im Zusammenhang mit ihrer Freizeitgestaltung oder ihren Hobbies, ohne einen darüber hinausgehenden Informationsgehalt, der geeignet ist, die öffentliche Meinungsbildung zu beeinflussen.
  • Beschwerdesystems für Video-Sharing-Plattformen: Damit einher geht eine Verpflichtung dieser Dienstleister ein einfach zugänglicher Bewertungs- und Beschwerdesystem für rechtswidrige Inhalte zu schaffen.

Ebenfalls am Donnerstag beschlossen: Die Verlängerung der Corona-bedingt halbierten Umsatzsteuer bis Ende 2021 – aber nicht wie im zweiten Halbjahr 2020 für Zeitungen und Zeitschriften.

Die grüne Mediensprecherin Eva Blimlinger zeigt sich zufrieden: "Das neue Audiovisuelle Mediengesetz birgt einige Verbesserungen, die eine deutlich grüne Handschrift tragen: Barrierefreie Inhalte im ORF, aber auch in anderen audiovisuellen Angeboten, müssen in den kommenden Jahren ausgebaut werden. Darüber hinaus wird der Jugend- und Konsumentenschutz massiv gestärkt und der Anteil europäischer Inhalte auf internationalen Streaming-Plattformen erhöht. Ich bin mit der Novelle vor allem deshalb zufrieden, weil sie deutliche Verbesserungen für die Nutzerinnen und Nutzer bringt und gleichzeitig die internationale Wettbewerbsfähigkeit – das sogenannte level playing field – im Auge behält."

Heike Grebien, Sprecherin für Menschen mit Behinderungen bei den Grünen: "Mit diesen Gesetzesänderungen wird Barrierefreiheit endlich viel präziser definiert. Sowohl für Menschen mit Seh- und/oder Hörbeeinträchtigungen als auch für Menschen mit Lernschwierigkeiten wird es jetzt viel mehr barrierefreie Inhalte geben. Mehr barrierefreies Fernsehen heißt mehr kulturelle Teilhabe. Das bedeutet besseren Zugang zu Informationen für Menschen mit Seh- und Hörbeeinträchtigungen und für Menschen mit Lernschwierigkeiten." (red, 10.12.2020)