Die Werbung der Österreichischen Lotterien und Casinos Austria ist laut zahlreicher Urteile zulässig.

Foto: APA/Hochmuth

Gerade in Zeiten des Lockdowns, wenn PCs und Smartphones in manchen Haushalten ständig laufen, steigt die Versuchung für manche User, an Onlinespielen teilzunehmen. Viele Anbieter im Netz verfügen aber über keine Konzession oder nur über eine sogenannte Offshore-Berechtigung, mit der sie von einem EU-Land aus nach Österreich Spiele via Internet auf zweifelhafter Basis anbieten.

Sie berufen sich dabei auf die Dienstleistungsfreiheit und auf das Argument, dass die beiden in der Spieleplattform win2day.at vereinigten österreichischen Glücksspielkonzessionäre, Casag und Österreichische Lotterien, eine aggressive Werbung betrieben. Deshalb sei das Glücksspielgesetz (GSpG 1989) auf diese Anbieter nicht anwendbar, und sie bedürften daher keiner nationalen Konzession.

Schadenersatz erfolgreich erstritten

Diese Ausführungen sind aber rechtlich nicht haltbar, wie sich aus der aktuellen Rechtsprechung der österreichischen Gerichte ergibt. Mehrere Geschädigte haben für Spielverluste der Jahre 2012 bis 2016 ansehnliche Beträge auf Basis von Schadenersatzklagen gegenüber Offshore-Anbietern erstritten. Die Oberlandesgerichte Wien und Innsbruck haben vor kurzem bestätigt, dass konzessionslose Anbieter Schadenersatz leisten und Einsätze zurückzahlen müssen. Die Berufungsurteile, mit denen Offshore-Anbieter zu Rückzahlungen verurteilt wurden, sind nicht mehr anfechtbar (OLG Wien 11.9.2020, 1 R 98/20; OLG Innsbruck 8.10.2020, 1 R 87/20h).

Die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs hat in den Jahren davor den Weg für die einheitliche Ansicht geebnet, wonach die österreichische Glücksspielpolitik und die darauf fußenden gesetzlichen Regelungen legitime Ziele wie den Schutz der Spieler und die Bekämpfung der Kriminalität verfolgen und die Konzessions- und Strafregeln daher anwendbar sind (VwGH Ro 2015/17/0022; VwGH Ra 2018/17/0048). Aus dem EuGH-Urteil Pfleger (C-390/12) ließe sich ableiten, dass eine schrankenlose und anreizende Werbung zu einer Inkohärenz führen könnte. Doch eine solche auf Marktbeherrschung ausgerichtete Werbung ist in Österreich, wie die Zivilgerichte mehrfach festgestellt haben, nicht erkennbar (OGH 4 Ob 125/18p, 3 Ob 57/19g).

Aggressive Werbung nicht bewiesen

Wenn also im Fall einer Rückforderung von Spieleinsätzen wegen konzessionslosen Spiels das "Werbeargument" fällt, so müsste der beklagte Anbieter die Schrankenlosigkeit und Aggressivität der Werbemaßnahmen beweisen, was aber nie gelungen ist. Die Werbung beschränkt sich auf Hinweise (Jackpots) oder Spiele, für die sogar eine gesetzliche Betriebspflicht besteht, die Werbeetats der Konzessionäre wurden in den letzten Jahren reduziert. Laut EuGH Ömer und Dickinger (C-347/09) wäre sogar eine kontrollierte Expansion zulässig, welche die "Spiellust in legale Bahnen lenkt".

Maßnahmen zur Eindämmung des illegalen Spiels und moderate Werbung bleiben daher erlaubt, wie sich auch aus jüngeren EuGH-Urteilen (C-97/17 Gmaliena, C-581/14 Naderhirn und C-545/18 MP/Finanzamt Linz) ergibt. Nach wie vor hält der Gerichtshof daran fest, dass Marktrestriktionen zulässig sind, wenn sie ordnungspolitische Ziele ernsthaft kohärent verfolgen und nicht nur vorgegeben werden. Staatsnahen Anbietern oder dem Staat selbst (zum Beispiel in Finnland) wäre das "Anreizen" zum Spiel verboten. Finanzielle Vorteile und Gewinne, die dem Staat zufließen, dürfen eine "erfreuliche Nebenerscheinung" sein, ein Mitgliedsstaat der EU darf aber nicht andere Anbieter ausschließen und gleichzeitig selbst schrankenlos zum Spiel einladen.

Höhere Erfolgschancen für Geschädigte

Österreich erfüllt die EU-Vorgaben, die Verfassungskonformität des Glücksspielgesetzes (GSpG 1989) hat der VfGH bereits vor vier Jahren (E 945/2016) bestätigt. Durch die Rechtsprechung des OGH und des VwGH ist zudem klargestellt, dass die von den konzessionslosen Anbietern vorgebrachten Argumente schrankenloser Werbung und inkohärenter Maßnahmen nicht zutreffen. Diese mittlerweile gesicherte und ständige Rechtsprechung aber steigert die Erfolgschancen für Geschädigte, das verspielte Geld zurückzuerhalten. (Gerhard Strejcek, 16.12.2020)