Den "Bad Sex in Fiction Award" wird es dieses Jahr nicht geben. Die Jury, eine Gruppe von Kritikern um die englische Zeitschrift "Literary Review", findet, das Jahr 2020 sei "ohnehin scheußlich genug, sodass man das Publikum nicht auch noch schlechten Beschreibungen von Sex aussetzen soll".

Very kind. Very british. Den Preis gibt es seit fast drei Jahrzehnten. Es geht nicht um die Beschreibung von schlechtem Sex, sondern um schlechte Beschreibungen von Sex. Und zwar nur solche mit literarischem Anspruch. Pornografie oder populärer Edeltrash im Stil von Barbara Cartland ("Der junge Lord spürte, wie Komtess Diana unter seiner Berührung erzitterte") sind nicht zugelassen. Es geht darum, "die herausragendste schreckliche Szene sexueller Beschreibung" zu ehren. Und die Aufmerksamkeit auf die "schlecht geschriebenen, redundanten oder ausgesprochen peinlichkeitsauslösenden Passagen sexueller Beschreibung in der modernen Literatur" zu lenken.

Auf der Shortlist waren schon Salman Rushdie, Arundhati Roy, Carlos Fuentes. Der britische Autor Nicholas Royle bekam den Preis für die Beschreibung einer Orgasmusäußerung als "Mischung zwischen gestrandetem Seehund und einer Polizeisirene".

Man könnte natürlich die Entscheidung der britischen Literaturkritiker für falsch halten und eine Leserumfrage für die beste schlecht geschriebene Sexszene in der deutschsprachigen Literatur starten. Überlegt es euch. (Hans Rauscher, 11.12.2020)