Dirigent Omer Meir Wellber wird Musikdirektor der Wiener Volksoper.


Es ist naheliegend, dass Lotte de Beer, die künftige Intendantin der Wiener Volksoper, ihrer ersten Personalentscheidung Rosen streut: Omer Meir Wellber, der zum Musikchef der Volksoper ab September 2022 bestellt wurde, sei "einer der spannendsten Dirigenten unserer Zeit", schwärmt de Beer über den israelischen Maestro. Wer in den letzten Jahren die Arbeit des 1981 in Be’er Scheva Geborenen kennengelernt hat, muss ihrer Bewertung zustimmen.

Wellber, zurzeit Chefdirigent des BBC Philharmonic und Musikdirektor des Teatro Massimo Palermo, verfügt über tadelloses Handwerk und wenig Sinn für falsche Routine. Bei Opern von Mozart etwa bewies er gar einen ganz eigenen Zugang. An der Semperoper in Dresden, wo er erster Gastdirigent ist, widmete er sich allen drei Da-Ponte-Opern mit subjektiver Spontaneität.

Auch Chansons

Siehe da: Er wob etwa in Così fan tutte an jenem Tag, da Sänger Leonard Cohen starb, dessen Song Halleluja ein. Wellber, der in Dresden bei Giovanni, Figaro und Così bei Bedarf Cembalo, Hammerklavier und gerne auch Akkordeon betätigte, integrierte auch das Chanson La vie en rose in Mozarts rezitativische Opernpassagen.

Um plumpen Effekt geht es ihm jedoch nicht. Es gilt für Wellber, seiner Fantasie dort freien Lauf zu lassen, wo Mozart tatsächlich Freiräume gelassen hat. Auch waren Songs wie La vie en rose nicht das Entscheidende. Wellber ging es darum, bei Produktionen "ein Labor der Kreativität herzustellen, das auch das Publikum miteinbezieht".

Er schreibt auch

Der Dirigent, der auch komponiert und auch schon Romane verfasst hat, bündelt seine Musikgedanken gerne auch in Buchform: In Momente mit Mozart imaginiert er Wiener Kaffeehaustreffen zwischen Wolferl und seinem Textdichter Lorenzo da Ponte. Wellber ist also ein vielseitiger international tätiger Künstler, der der Volksoper sicher überraschende Impulse verleihen könnte.

Das wäre hilfreich. In der Ära Robert Meyer gab es im Haus am Gürtel keinen Musikdirektor – und das konnte man oft hören. Wellbers Bestellung demonstriert, dass die Hebung des musikalischen Niveaus eine Priorität der neuen Direktorin ist. Die Ambitionen des Maestros reichen sogar darüber hinaus: "Wir sind fest entschlossen, die Volksoper zu einem der aufregendsten europäischen Musiktheater zu machen", sagt Wellber. Das wäre für das Traditionshaus eine ganz neue Erfahrung. (Ljubiša Tošić, 11.12.2020)