18.420 Tage nach der Übernahme der ersten Saab 105OE im Juli 1970 wurden diese am Freitag mit einer Feier in Hörsching außer Dienst gestellt.

ARCHIVBILD VOM 7.7.1970): APA/BUNDESHEER

Linz/Amstetten – Manchmal ist es schlicht das Wetter, das dem Bundesheer einen Strich durch die Rechnung macht. Am Freitagvormittag hätte es in Linz-Hörsching ein offizielles "Fly-out" der 50 Jahre alten Saab 105 geben sollen – eine Corona-bedingt ohnehin kleine Flugshow zum Abschied vom bewährten Backup-Flugzeug der Luftraumüberwachung. Wegen des Hochnebels hätte man davon aber nichts gesehen, die Feier wurde in den Hangar verlegt – Livestream mit 3D-Effekten inklusive.

Im Improvisieren ist man beim Bundesheer ja gut – weil es seit Jahrzehnten mit Mangelverwaltung befasst ist. "Dass wir unseren Fuhrpark für eine Übung immer quer durch Österreich kutschieren, ist ja nix Neues. Aber dass ein Milizbataillon so wenig Personal hat, dass es bei anderen rekrutieren muss, das ist schon eine ganz neue Mangelwirtschaft", kommentiert ein Milizsoldat einen aktuellen Aufruf des Jägerbataillons Niederösterreich "Kopal".

Schutz der kritischen Infrastruktur

Dabei geht es um die von 25. Februar bis 5. März kommenden Jahres angesetzte Übung "Kopal 21" im Raum Bruck an der Leitha. Bei dieser Übung geht es um den Schutz kritischer Infrastruktur, eines der Einsatzszenarien, die in den kommenden Jahren für besonders wahrscheinlich gehalten werden. Unter anderem deshalb wurde für jedes Bundesland ein eigenes Bataillon aus Milizsoldaten aufgestellt – im Mai war ein Teil dieser Milizsoldaten in der Pandemiebekämpfung aufgeboten worden.

Eigentlich sollte die Struktur der Milizverbände über viele Jahre eingespielt sein – damit bei Übungen und in Einsätzen stets dieselben Soldaten aufeinandertreffen. Das aber ist bei dieser Übung im Spätwinter nicht sichergestellt, da viele Funktionen im Milizbataillon von aktiven (Berufs-)Soldaten des Jägerbataillons 12 in Amstetten besetzt sind – und dieses Bataillon zur Zeit der Übung zum Assistenzeinsatz an die Grenze abkommandiert wurde.

Facebook-Eintrag auf Befehl von oben gelöscht

Diese Woche veröffentlichte daher der Mob-Unteroffizier Jägerbataillon Niederösterreich auf der offiziellen Facebook-Seite einen Aufruf, dass "dringend ausgebildetes Personal aus der Miliz (aus allen Bundesländern) gesucht" werde.

Die Liste umfasste so ziemlich jede mittlere Managementfunktion auf Kompanie- und Bataillonsebene: "Dienstführende Unteroffiziere, Kommandogruppenkommandanten, Wirtschaftsunteroffiziere, Nachschubsunteroffiziere, Kraftfahrunteroffiziere, Kanzleileiter" standen bis Freitagvormittag auf der Wunschliste, zudem allerlei Spezialisten von Aufklärern und ABC-Abwehrsoldaten über Sanitäter, Fernmeldepersonal und Heereskraftfahrer aller Führerscheinklassen bis hin zu "Soldaten für die Öffentlichkeitsarbeit (Fotografen und/oder Redakteure)".

Dies sei eine "voreilige Aktion, die inzwischen vom Netz genommen wurde", gewesen, lautete auf STANDARD-Anfrage die Auskunft von Bundesheersprecher Michael Bauer. Offenbar hätten einige Soldaten des Milizstands aufgrund des absehbaren Fehlens der Kameraden aus dem Jägerbataillon 12 die Eigeninitiative ergriffen. Dies sei aber nicht notwendig, weil die entsprechenden Funktionen mit Soldaten aus anderen Einheiten besetzt würden.

Schweiz betreibt Milizprinzip ernsthafter

Reine Milizbataillone sehen allerdings anders aus: In ihnen sollte es kaum aus dem Aktivstand ausgeborgte Soldaten geben (diese würden ja im Einsatzfall bei ihrem Stammtruppenkörper abgehen), sondern im Wesentlichen Zivilisten im soldatischen Nebenberuf. Ein derartiges Konzept setzt die Schweiz konsequent um.

An die Schweiz, die bei der Luftraumsicherung immer wieder mit Österreich kooperiert, wurde auch bei der Abschiedsfeier für die Saab 105 in Linz erinnert. Sie hat Österreich seinerzeit ausgeholfen, als die Saab Draken außer Dienst gestellt wurden und die Eurofighter noch nicht geliefert waren.

Überschallknall "Sound of Freedom"

Streitkräftekommandant Generalleutnant Franz Reißner dankte der Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) für ihr Engagement für das Militär und die Luftraumüberwachung – wünschte sich aber ähnliches Engagement von anderen Politikern und Medien, die etwa einen Überschallknall des Eurofighters als "Lärmbelästigung" qualifizierten. Tatsächlich sei das aber der "Sound of Freedom".

Tanner selbst verwies auf die wichtigen Aufgaben, die die Saab 105 bei der Luftraumüberwachung bisher hatte. Künftig werde in den Fliegerhorst Vogler in Hörsching investiert werden – denn es hat sich gezeigt, dass Luftraumüberwachung von einem Standort aus (dem Fliegerhorst Hinterstoisser in Zeltweg) schwierig wird.

Kein Nachfolger für die Saab 105

Erst am vergangenen Wochenende hatten die Saab 105 die gesamte Luftraumüberwachung übernehmen müssen, weil aufgrund von Covid-Vorsichtsmaßnahmen bei der Flughafenfeuerwehr der Eurofighter-Betrieb in Zeltweg eingestellt werden musste. Die Saab 105 aus Hörsching konnten einspringen.

Ab jetzt stehen für Abfangjagden aber nur mehr die Eurofighter zur Verfügung – eine Nachbeschaffung eines billiger zu betreibenden Flugzeugs wäre politisch nicht durchsetzbar gewesen, heißt es im Verteidigungsministerium. Dafür wird in Kauf genommen, dass jeder einzelne (ausschließlich mit dem Eurofighter geflogene) Luftraumüberwachungsflug teurer wird und dass noch größere Teile der Pilotenausbildung künftig im italienischen Lecce stattfinden werden. (Conrad Seidl, 11.12.2020)