Wolfgang Sobotka dirigiert gerne (hier bei einem Konzert im Stephansdom), einmal sponserte sogar die Novomatic sein Konzert. Am Donnerstag offenbarte er, dass das Land Niederösterreich den Glücksspielkonzern dazu beraten hat.

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Die Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper findet es "grotesk, dass Sobotka als Teil des Systems diesem U-Ausschuss weiter vorsitzen will".

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St. Pölten – Es war eine erstaunliche Information, die Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) am Donnerstag auf oe24.tv im Plauderton offenbarte. Zur Frage, warum der Glücksspielkonzern Novomatic ausgerechnet ein von ihm dirigiertes Konzert des Waidhofner Kammerorchesters sponsert, klärte Sobotka auf: Die Novomatic stelle insgesamt einen sechsstelligen Betrag für Sponsoring in Niederösterreich zur Verfügung. "Und das Land Niederösterreich berät die Novomatic und sagt: Machts es einmal mit dem und einmal mit dem."

Diese Beratungsleistung war bisher nicht bekannt. Eine STANDARD-Anfrage im Büro von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ebenfalls ÖVP) wird vom Leiter der Kulturabteilung beantwortet – er bestätigt die Beratung von Novomatic durch das Land: "Die Kulturabteilung des Landes Niederösterreich ist die zentrale Kompetenzstelle bei Fragen zu niederösterreichischen Kultureinrichtungen und -veranstaltungen", heißt es in der Stellungnahme.

"Kulturabteilung stellt Expertise zur Verfügung"

Und: "Bei Anfragen durch private Unternehmen (wie etwa die Novomatic), welche Kulturinstitutionen und Veranstaltungen es im Land gibt, stellt die Kulturabteilung selbstverständlich ihre Expertise zur Verfügung."

Heißt das, die Kulturabteilung in St. Pölten schlug dem Glücksspielkonzern aus Gumpoldskirchen das Sponsoring des Sobotka-Konzerts vor? Diese Frage beantwortet der Abteilungsleiter nicht. Die Entscheidung über "allfällige konkrete Sponsorings trifft aber selbstverständlich immer der jeweilige Sponsor selber", betont er allerdings.

"Sie kennen das Geschäft"

Neos und SPÖ vermuten im Ibiza-Untersuchungsausschuss schon lange, dass Sobotka als Vorsitzender befangen sein könnte. Der Grund sind die angesprochenen Sponsorings der Novomatic für das Konzert und seinen parteinahen Thinktank, das Alois-Mock-Institut.

Die Neos drängten am Freitag wieder auf einen Rückzug des Nationalratspräsidenten, denn in dem Interview sagte er zum inseratenkundigen "Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner auch – angesprochen auf Novomatic-Inserate in einer Zeitschrift des Alois-Mock-Instituts: "Sie kennen das Geschäft. Fürs Inserat gibt's ein Gegengeschäft, natürlich. Das wird man wohl machen dürfen, wenn man einen Thinktank hat."

Neos fordern wieder Rücktritt

Für Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper gibt Sobotka damit "freimütig" zu, "wie das System ÖVP-Novomatic funktioniert". Er liefere damit einen weiteren Beleg für die Käuflichkeit der Politik unter der Regierung Kurz I, sagt Krisper.

"Überteuerte Inseratenleistungen an einen ÖVP-Thinktank geknüpft an Gegenleistungen durch den Empfänger – genau dieses korrumpierende System steht im Fokus des Ausschusses. Es ist geradezu grotesk, dass Sobotka als Teil des Systems diesem U-Ausschuss weiter vorsitzen will", sagt die Neos-Mandatarin.

Anfrage im Landtag

Die niederösterreichische Neos-Chefin Indra Collini hat wegen des Interviews eine Anfrage im Landtag an die Landeshauptfrau angekündigt.

Sobotka hatte wiederholt betont, dass das Alois-Mock-Institut ein "bürgerlicher Thinktank" und kein parteinaher Verein sei. Zudem habe man die Kooperation mit der Novomatic stets auf der Homepage ausgewiesen. Von Anfang an sei es lediglich um eine Kooperationen gegangen. Der Glücksspielkonzern habe Interesse daran gehabt, weil das Alois-Mock-Institut "interessante Themen" geboten habe. (sefe, APA, 11.12.2020)