Der Mensch ist die Hauptursache für das sechste große Massenaussterben der Erdgeschichte. Umso bemerkenswerter sind anthropogene Eingriffe in die Natur, die einen positiven Beitrag zur Sicherung der Artenvielfalt leisten. Beispiele dafür sind Schutzgebiete für Orang-Utans auf Borneo oder die Zucht von Przewalski-Pferden samt Auswilderung in der Mongolei. Es gibt aber auch Vorzeigeprojekte in nächster Umgebung, die oft unterschätzt sind. Dazu zählen die zahlreichen Karpfenteiche im Waldviertel.

Seit Jahrhunderten werden im nördlichen Niederösterreich Gewässer angelegt, um darin Karpfen zu züchten. Heute gibt es im Waldviertel 1700 Teiche, von denen viele für die Fischzucht genutzt werden. Kulinarisch ist der Karpfen umstritten: Der ihm oft nachgesagte schlammige Geschmack verschwindet aber, wenn die Fische vor dem Verzehr in Frischwasserbecken gehalten werden. Unumstritten ist, dass die Produktion von Karpfen bei weitem umweltfreundlicher ist als die Jagd auf ihre maritimen Verwandten.

Insektensterben bremsen

Neben nachhaltigen Nahrungsmitteln bieten die Karpfenteiche zusätzliche Vorteile für die Umwelt. Der Wasserökologe Martin Kainz vom Wassercluster Lunz der Donau-Universität Krems, der Universität Wien und der Universität für Bodenkultur Wien beschäftigt sich seit langem mit Nahrungsketten in Gewässern. Zuletzt konnte er im vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekt Aquaterr zeigen, dass etwa der Jägerteich in Waidhofen an der Thaya mit einer Größe von 40 Hektar pro Tag 15 Kilogramm an Insekten-Biomasse hervorbringt.

Die Karpfenteiche leisten damit nicht nur einen wichtigen Beitrag dazu, das Insektensterben zu bremsen, sondern bieten zugleich die Nahrungsgrundlage für Vögel und andere Tiere. Für die Artenvielfalt spielt die Verteilung der Teiche eine wichtige Rolle, sagt Kainz: "Wenn es nur ein paar Hotspots gibt, hat man an ein paar Stellen Biodiversität. Im Waldviertel gibt es diese Teiche sehr weitläufig, wodurch breitflächig eine hohe Biodiversität sichergestellt werden kann." (Tanja Traxler, 13.12.2020)

Eine Waldviertler Teichlandschaft durch die Linse der Infrarotfotografie macht Lichtwellen sichtbar, die länger als jene des sichtbaren Lichts sind.

Foto: Florian Kainz

Angelegte Fischteiche erweisen sich in Feldexperimenten als Eldorado für Insekten – sowohl was die Anzahl als auch was die Vielfalt angeht. Die Gemeine Binsenjungfer zählt zu den Kleinlibellen, sie wird bis zu vier Zentimeter groß.

Foto: Florian Kainz

Die Aufzucht der Jungvögel wird bei den Haubentauchern von beiden Elternteilen bewältigt. In den ersten Wochen werden sie stets im elterlichen Gefieder versteckt.

Foto: Florian Kainz

Beim Abfischfest im Oktober wird das Wasser abgelassen, und die Karpfen werden an der tiefsten Stelle des Teichs zusammengetrieben. Händisch werden die größten Exemplare für den Verkauf aussortiert.

Foto: Florian Kainz

Zu den Leibspeisen des Bienenfressers zählen – wie sein Name schon vermuten lässt – Hautflügler, die er im Flug erbeutet, wie Bienen, Wespen, Hummeln oder Hornissen. Aber auch Libellen oder Käfer werden nicht verschmäht, wenn sie ihm gerade in den Schnabel fliegen. Mit der gefassten Beute sucht er sich sogleich eine nahe gelegene Sitzwarte. Zuerst wird, wenn vorhanden, der Giftstachel entfernt, dann wird geschlemmt.

Foto: Florian Kainz

Der Jägerteich in Waidhofen an der Thaya ist einer der größten und ältesten Karpfenteiche im Waldviertel. Wie Martin Kainz mit Kolleginnen mittels Insektenfallen nachwies, werden in diesem Teich pro Tag 15 Kilogramm an Insekten produziert – eine wertvolle Nahrungsquelle für zahlreiche Spezies.

Foto: Florian Kainz

Auch für den Eisvogel sind Karpfenteiche im Waldviertel ein willkommenes Biotop, ernährt er sich doch vor allem von Fischen, Wasserinsekten, Kleinkrebsen und Kaulquappen.

Foto: Florian Kainz

Der Karpfen hat als Speisefisch ein schlechteres Image als viele Meeresfische. Wenn er zuletzt in Frischwasserbecken gehalten wird, verliert er seinen schlammigen Geschmack aber vollständig. Richtig filetiert, ist er zudem beinahe grätenfrei. Außerdem kann er lokal und nachhaltig produziert werden.

Foto: Florian Kainz

Weibliche Wespenspinnen zeichnen sich durch ihren gelb-schwarz gestreiften Hinterleib aus, der ihnen auch die Namen Zebraspinne oder Tigerspinne einbrachte. Aus dem Süden kommend, haben sie inzwischen weite Teile Europas besiedelt.

Foto: Florian Kainz

Nur wenige Kilometer von der tschechischen Grenze entfernt ist in der Gemeinde Gmünd der Groß-Radischen-Teich zu finden. Sein Anblick ist nicht nur Balsam für die Seele, er hat auch viel für das leibliche Wohl von Mensch und Tier zu bieten.

Foto: Florian Kainz