Wien – Eine als Reaktion auf die Terrorberichterstattung der Medien "oe24.tv" und "krone.at" auf der Plattform "mein.aufstehn" ins Leben gerufene Petition für eine Neuordnung der Medienförderung hat mittlerweile rund 80.000 Unterschriften erreicht. Die Initiatorinnen kritisierten im Gespräch mit der APA die geringe Bereitschaft der Politik, etwas an der Inserate- und Fördermittelvergabe zu ändern. Ihre Bemühungen für die Verankerung von Qualitätskriterien wollen sie fortführen.

Auf Oe24TV liefen Videos vom Attentat in Wien.
Foto: Screenshot Oe24TV

In der Nacht des Terroranschlags in Wien bemerkten die zwei Initiatorinnen der Petition, dass sie mit ihrem Ärger über die "unseriöse" und "schamlose" Berichterstattung mancher Medien nicht allein waren. "Viele Menschen haben sich auf Facebook und Twitter über die Berichterstattung von 'oe24' und 'krone.at' aufgeregt und da haben wir gehandelt", erzählte Stefanie Schneckenreither.

Oe24..tv und krone.at gerieten in die Kritik, weil sie unter anderem Videos zeigten, auf denen der Täter einen Passanten erschießt und einen Polizisten verletzt. Mittlerweile prüft der Presserat, ob gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse verstoßen wurde.

40.000fach unterstützt in 24 Stunden

Mit ihrer Zwillingsschwester, Theresa Schneckenreither, startete die 27-jährige Absolventin eines Publizistikstudiums noch in der Nacht des Terroranschlags mit der Ausarbeitung der Petition namens "Einstellung aller öffentlichen Förderungen für oe24 und Reformierung der Presseförderung". Am folgenden Vormittag war das Begehr online und keine 24 Stunden später hatte es 40.000 Unterstützer. "Wir waren selbst überrascht, wie viele Unterschriften in so kurzer Zeit zusammengekommen sind", meinte Schneckenreither.

Die Forderungen beinhalten eine Koppelung der Inserate- und Fördermittelvergaben an Medien nach "grundlegenden, ethischen und moralischen Qualitätskriterien". Unter anderem sollten Medien den Presserat und dessen Entscheidungen anerkennen, um Förderungen erhalten zu können. Vor zwei Wochen wurden erste E-Mails mit Verweis auf die erfolgreiche Petition an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und den Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) geschickt. "Trotz Erinnerungsmails kam von keinem der beiden eine Antwort", bedauerte Schneckenreither. Die Hoffnung auf Veränderung haben die Zwillinge aber noch nicht aufgegeben: "Wir haben nicht vor, die Sache im Sand verlaufen zu lassen."

Großes Publikumsinteresse

In enger Abstimmung mit dem Verein "aufstehn", der seit drei Jahren "mein.aufstehn" betreibt, werden weitere Schritte geplant. Schließlich habe man es mit einer der drei erfolgreichsten Petitionen in der Geschichte der Plattform zu tun, sagte Maria Mayrhofer, Gründerin und Geschäftsführerin von "aufstehn" im Gespräch mit der APA. Besonders auffällig sei gewesen, wie schnell sich das Anliegen verbreitete. "Die Unterschriftenzahlen gingen innerhalb kürzester Zeit rapide nach oben. Da merkt man, dass das Thema den Menschen unter den Nägeln brennt", meinte Mayrhofer.

Die Initiative der Schwestern traf bei dem Verein, der sich für eine Förderung der zivilgesellschaftlichen Partizipation einsetzt, auf viel Gegenliebe. Er selbst führt seit 2017 eine Kampagne für ethische Vergabekriterien im Medienbereich durch. "Wir wissen aus eigener Erfahrung, dass es ein schwieriger und langandauernder Kampf ist", sagte Mayrhofer. Die Forderungen der Petition bleiben jedenfalls aufrecht, solange sie nicht erfüllt sind – auch zu unterschreiben ist weiterhin möglich, betonte die Geschäftsführerin.

Negativrekord beim Presserat

Aufgrund der Berichterstattung über den Terroranschlag in Wien leitete der Presserat mehrere Verfahren wegen möglicher Verstöße gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse ein. Mehr als 1.500 Beschwerden gingen bei dem Selbstkontrollorgan ein – "ein absoluter Negativrekord", wie Geschäftsführer Alexander Warzilek feststellte. Am Dienstag (15. Dezember) finden die Verhandlungen zu den Verfahren statt.

Stefanie und Theresa Schneckenreither erwarten die Entscheidung mit Spannung. Schließlich kündigte etwa der Wiener Bürgermeister an, die Anmerkungen des Presserates abzuwarten und anschließend zu prüfen, ob die Stadt Wien einen Inseratenstopp veranlassen werde.

Fellner: "Ganz normale Dokumentation eines Terroranschlags"

"Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner wies die Kritik bereits Anfang November zurück. Es handle sich um die "ganz normale Dokumentation eines Terroranschlags", verteidigte er das Vorgehen gegenüber der APA. Der Chefredakteur der "Kronen Zeitung", Klaus Herrmann, reagierte in einer schriftlichen Stellungnahme: "Wir haben uns nach internen Diskussionen in der Nacht entschieden, Tatvideos nach bestmöglicher technischer Entschärfung zu veröffentlichen, um die Bedrohungslage zu unterstreichen. Die Videos wurden heute Morgen nach der – vermuteten – Entspannung der Lage wieder offline genommen", hieß es damals. (APA, 11.12.2020)