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Barić war Motivator, Entertainer und Hutschenschleuderer.

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Maximal, das Wort wurde zum Namensersatz. Otto Maximale, es gab nur den einen.

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Mit der Wendung "Schaun Sie" forderte Otto Barić möglichst große, quasi maximale Aufmerksamkeit. Und viele Jahre war dem in Železna Kapla-Bela, also Eisenkappel-Vellach bei Völkermarkt geborenen und in Zagreb aufgewachsenen Dynamiker die Aufmerksamkeit nicht nur der am Fußball interessierten Öffentlichkeit in Österreich auch sicher. Denn Barić, der für Dinamo, Metalac und Lokomotiva Zagreb spielte, eher er 1964, mit 31 Jahren auf die Trainerbank wechselte, war in seiner großen Zeit mehr Entertainer als Meistertrainer, oft Hutschenschleuderer, er war nie bloß Fußballlehrer.

"Diese Spieler, was können nicht, können nicht deshalb nicht, weil sie nicht wollen", hat Barić einmal gesagt. Dieser Barić, was kann nicht, kann nicht deshalb nicht, weil er nicht will – der Verdacht lag nahe, dass sein originelles Deutsch bloß Masche war, ein Markenzeichen wie das Wort maximal, das zum Namensersatz wurde – Otto Maximale, es gab nur den einen. Natürlich wär das alles nichts ohne Erfolge gewesen. Sie begleiteten Barić, mehr Motivationsgenie und Taktikfuchs als Fachmann moderner Trainingslehre, Zeit seiner Karriere.

Viele Erfolge

Nach Anfängen in Deutschland (Opel Rüsselsheim, Germania Wiesbaden) verschlug es Barić 1970 nach Österreich zu Wacker Innsbruck, das er zu zwei Meistertiteln führte. Nach einem Zwischenspiel in Kroatien heuerte er bei Rapid an, es folgten in zwei, insgesamt fünf Jahre währenden, Amtszeiten drei Meistertitel und vier Cupsiege sowie der Einzug ins Finale des Cups der Cupsieger 1984/85 (1:3 vs. Everton).

Nicht minder legendär wirkte Barić dann bei Austria Salzburg mit zwei durch Tänzchen mit Salzburgs Boss Rudolf Quehenberger gefeierten Meistertiteln und den Endspielen im Uefa-Cup, die 1994 gegen Inter Mailand mit zweimal 0:1 verlorengingen.

Nachdem Barić auch noch mit Dinamo Zagreb Meister geworden war, übernahm er 1999 das in Spanien mit 0:9 schwer gedemütigte österreichische Nationalteam von Herbert Prohaska. An der Qualifikation für die EM 2000 scheiterte er ebenso wie in der Ausscheidung für die WM 2002, wenn auch erst nach Entscheidungsspielen gegen die Türkei. Barić trat als Teamchef zurück und wurde von Hans Krankl beerbt, mit dem ihn eine in aller Eitelkeit gegenseitig sorgsam gepflegte Aversion verband.

Erfolgreicher verlief Barićs Engagement bei der kroatischen Nationalmannschaft, die er schon bei der EM 1996 begleitet hatte. Barić schaffte die Qualifikation für die EM 2004, wo nach der Vorrunde Schluss war. 2006 übernahm er sein letztes Amt als Coach des albanischen Nationalteams, mit dem er in der EM-Qualifikation für 2008 immerhin Achtungserfolge erzielte.

Für höhere Aufgaben kam Barić damals schon nicht mehr infrage, schließlich hatte er bereits 2004 in einem Interview mit der kroatischen Zeitschrift Jutarnji list gesagt, dass er einen Schwulen innerhalb von zehn Minuten erkenne, "ich möchte sie nicht in meinem Team haben". Kein verbaler Ausrutscher, wie seine ergänzenden Auslassungen gegenüber der Schweizer Zeitung Blick bewiesen: "Meine Spieler müssen echte Kerle sein. Also können Homosexuelle bei mir nicht spielen, höchstens gegen mich."

Erst 2007 wurde Barić vom europäischen Fußballverband (Uefa) dafür zur Rechenschaft gezogen – mit einer Geldstrafe von 1.825 Euro. Seine "vielleicht nicht cleveren" Aussagen verteidigte er auch danach, eher ungeschickt: "Eine Fußballmannschaft ist eine Mannschaft. Und ein Schwuler ist immer ein Einzelner. Sprechen die Spieler von Ausflügen, Schwimmbad, Frauen oder ähnlichem, können sie nicht mitreden", sagte Barić im Vorfeld der EM 2008 der Zeitschrift Biber.

Zwischen Zagreb und Krk

Seinen Ruhestand verlebte der mehr und mehr zu Sentimentalitäten neigende Hobbysänger von kroatischen Volksweisen in Zagreb und im Hafenstädtchen Malinska auf der Insel Krk. Natürlich wurde der stolze Vater von Otto Barić Junior, einem über Kroatien hinaus bekannten Architekten, in Österreich immer wieder um seine Expertise gebeten. Seine Auftritte unterschieden sich dann kaum von früheren – Barić, tadellos gekleidet und mit frischgefärbter Haarpracht, dozierte: "Schaun Sie".

"Ich fühle mich wie 60. Maximal. Nur wenn ich im Meer auf einen spitzen Stein oder auf eine scharfe Muschel trete, merke ich, dass ich nicht mehr ganz so beweglich bin. Aber sonst bin ich ewig jung", sagte Barić zuletzt der Kleinen Zeitung. "Ich glaube, das habe ich gut gemacht", würde er sich vermutlich selbst nachrufen. Otto Barić ist im Alter von 87 Jahren an den Folgen einer Corona-Infektion gestorben. (Sigi Lützow, 13.12.2020)