Ein Problemwolf im Großarltal war von der Bezirkshauptmannschaft St. Johann schon zum Abschuss freigegeben. Das Landesverwaltungsgericht hat den Bescheid nun aufgehoben.

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Salzburg – Der Wolf, der auf der Torfneralm im Großarltal 24 Schafe gerissen hat, darf nicht abgeschossen werden. Das Salzburger Landesverwaltungsgericht hat den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Johann zum Abschuss des vom Land als "Problemwolf" eingestuften Tiers aufgehoben. Die Agrargemeinschaft hatte den Antrag auf Entnahme gestellt, nachdem der Beutegreifer im Sommer des Vorjahre Nutztiere getötet hatte.

Wenig begeistert von der Entscheidung ist Agrarlandesrat Josef Schwaiger (ÖVP): "Der Rechtsstaat ist zu akzeptieren. Ich gebe allerdings zu bedenken, dass es circa 25.000 Wölfe in Europa gibt. Experten rechnen in sieben Jahren mit 100.000. Ich mag mir nicht ausmalen, wie schwierig unsere Land- und Almwirtschaft wird. Da brauchen wir eine praktikable Lösung." Schwaiger erhofft sich von der EU eine Lösung und Spielraum für individuelle Regelungen auf nationale Ebene. "Dieser Wolf hat im Großarltal großen Schaden angerichtet, so wird es für die Almbauern fast unmöglich zu wirtschaften", betont der Landesrat.

Naturschützer: Urteil bestätigt Schutz

Der Naturschutzbund und der WWF, die Beschwerde gegen den Abschussbescheid eingelegt hatten, begrüßen die Entscheidung freilich. "Der Abschussbescheid hatte nicht nur verfahrensrechtliche, sondern auch inhaltliche Mängel. Damit bestätigt das Landesverwaltungsgericht den hohen europaweiten Schutzstatus der Wölfe", sagen Lucas Ende, Artenschutzkoordinator beim Naturschutzbund, und WWF-Wolfsexperte Christian Pichler.

Die beiden Naturschutzorganisationen fordern von der Salzburger Landesregierung eine Herdenschutzoffensive, um auf die nächste Almsaison vorbereitet zu sein. Die Entscheidung des Gerichts müsse ein Weckruf für die Politik sein. "Fachgerechter Herdenschutz ist und bleibt alternativlos. Österreichs Nachbarländer wie die Schweiz zeigen seit Jahren, wie ein möglichst konfliktarmes Zusammenleben gelingen kann. Daher muss auch Salzburg nachziehen, anstatt wirkungslose Abschussdebatten zu führen", betonen die beiden Naturschützer.

Herdenschutz-Förderung

Europäisches Recht schreibt den Einsatz gelinderer Mittel wie Herdenschutzmaßnahmen auch vor, bevor eine Wolfsentnahme überhaupt zulässig ist. Der ursprüngliche Abschussbescheid blieb jedoch den Nachweis schuldig, warum Herdenschutz keine Alternative sei, und behauptete nur, dass dies wirtschaftlich unmöglich sei, kritisieren die Naturschützer. Die EU habe auch den Weg für eine 100-prozentige Förderung von Schutzmaßnahmen freigemacht, das Land habe davon aber keinen Gebrauch gemacht, sagt Pichler.

"Wölfe können nicht zwischen erlaubter Beute wie Wildtieren und verbotener Beute wie Nutztieren unterscheiden, solange sie nicht durch Zäune oder Hunde abgeschreckt werden. Keines der gerissenen Tiere im Großarltal war entsprechend den Mindestanforderungen geschützt", ergänzt Ende. (Stefanie Ruep, 14.12.2020)