Fantasy Forever hört auf ihren Hundeführer. Und lässt sich nach getaner Arbeit ausführlich kraulen.

matthias cremer

Wien – Vollkommen still, aber angespannt bis in die Schwanzspitze sitzt Fantasy Forever am Rand des Festsaals im Verteidigungsministerium. Die fünfjährige Belgische Schäferhündin hat gleich ihren großen Auftritt. Die Schar an Kameraleuten und Fotografen hinter dem Absperrband ein paar Meter von ihr entfernt beachtet sie gar nicht – Fantasy hat nur Augen für ihren Hundeführer, der ihr sanft das weiche Ohr streichelt.

Ein Saal voller Medienleute lenkt die Belgische Schäferhündin nicht ab.
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"Such!", sagt Fantasys Herrchen dann, und die Hündin stürzt sich auf die fünf bereitgestellten Gläser, in denen je ein Mundnasenschutz steckt. Keine Viertelsekunde braucht sie pro Testpräparat, die meiste Zeit verliert sie beim Rutschen über den glatten Parkettboden. Bei der dritten Probe legt sie sich hin: Diese Maske wurde von einer Sars-CoV-2-positiven Person getragen. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) jubelt, Fantasy bekommt ein Leckerli: Alle sind glücklich in der Roßauer Kaserne.

Freude im Ministerium

"Ich bin wirklich sehr stolz darauf", sagt Tanner über die erste Corona-Spürhündin des Bundesheeres. Im Frühjahr ist der Auftrag an das Militärhundezentrum des Heeres gegangen, den Einsatz von Spürhunden in der Corona-Krise zu prüfen. Am Montag präsentierte die Ministerin gemeinsam mit dem Leiter des Zentrums Otto Koppitsch sowie dem beratenden Forscher Wolf Kafka einen "Zwischenbericht".

Innerhalb von Sekunden fetzt Fantasy von einem Probenglas zum nächsten.
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Dessen Ergebnis: Das Coronavirus ist für Hunde eindeutig riechbar. Ist das einmal festgestellt, läuft die Ausbildung der Hunde genauso ab wie jene der anderen Spürhunde des Bundesheeres, egal ob es um Drogen, Bargeld oder Sprengstoff geht. Dafür werden kleinste Teile des gesuchten Stoffes auf ein Röhrchen aufgetragen – laut Hundeforscher Kafka zwischen einem Millionstel und einem Milliardstel Gramm. Das ist so, als würde man einen Zuckerwürfel im Neusiedler See auflösen. Der Hund könnte ihn immer noch erkennen.

Was riecht Fantasy genau?

Dabei ist noch relativ unklar, was Fantasy genau riecht, wenn sie die kontaminierte (und durch UV-Licht unschädlich gemachte) Maske erkennt. Wohl nicht das Virus selbst, aber vielleicht ein Protein in dessen Umfeld, mutmaßt Kafka. In zehn Minuten könnte ein Hund zwischen 200 und 250 Proben abriechen, heißt es beim Heer. Allerdings immer nur rund eine halbe Stunde am Stück, abhängig von den Bedingungen.

Bei der Maske, die von einer Sars-CoV-2-positiven Person getragen wurde, legt sie sich hin.
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Für das Programm seien die Belgischen Schäfer des Heeres gut geeignet, weil sie besonders gut riechen, einen starken Spieltrieb haben und ausdauernd sind. "Es nützt uns kein Hund, der zwei Minuten spielt und dann genug hat", sagt Koppitsch. Möglicherweise seien die Rottweiler, die das Bundesheer ebenfalls züchtet, auch gut geeignet, weil sie etwas ruhiger sind als die energiegeladenen Schäfer.

Ein Rottweiler befinde sich derzeit ebenfalls in der ersten Phase der Ausbildung, zwei weiter Hunde sollen bis Ende des Jahres folgen, heißt es beim Bundesheer.

Keine Mops-Armee

Der Einwurf von Hundeforscher Kafka, dass er auch schon einem Mops das zielgerichtete Suchen mit der Nase beigebracht habe, bleibt von Tanner und Koppitsch unkommentiert. Das Bundesheer wird in absehbarer Zeit also keine Corona-schnüffelnde Mops-Kompanie ausbilden.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) ist "sehr stolz" auf den Hund.
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Weitere Ergebnisse im Frühjahr

Die sofortige Lösung der Corona-Krise durch Hunde wie Fantasy dürfte noch etwas dauern: Es sei nur ein Zwischenbericht, betont die Ministerin nochmals. Bis März soll das Projekt abgeschlossen sein. Anfang des Jahres wisse man wahrscheinlich schon mehr, wie und wo Hunde zum Corona-Schnüffeln eingesetzt werden können. Es werden aber wohl zielgerichtete Spezialeinsätze, man könne ja nicht Tausende von ihnen übers ganze Land verteilen.

Selbst wenn Corona nicht mehr aktuell sei, wenn die Ausbildung abgeschlossen ist, habe man aber immerhin viele Erfahrungen für künftige Herausforderungen gesammelt, sagt Koppitsch.

Zum Abschluss darf Fantasy den Test noch einmal für die Kameras durchführen und ist genauso begeistert darüber wie beim ersten Mal. (Sebastian Fellner, 14.12.2020)