Einiges ist so wie immer im New Yorker Dezember des Jahres 2020. Die ersten Schneeflocken wirbeln durch die Straßen, bleiben aber nicht am Boden liegen. Vom Meer weht ein schneidiger Wind über die kahlen Bäume im Central Park oder den am Hudson Strom gelegenen Riverside Park. Die tiefstehende Wintersonne erwärmt nur mehr für kleine Zeitfenster die Gehsteige in den symmetrisch von Ost nach West verlaufenden Straßen. Zwischen den Hochhäusern in Midtown Manhattan erreichen die Sonnenstrahlen den Boden überhaupt nicht mehr.

Ungewöhnlich still und unbelebt sind die Straßen und Plätze allerdings im Dezember 2020 in vielen Gegenden der Stadt. Bürotürme ragen kalt in den Himmel, ihre Fenster schwarz, die Lobbys zum Teil weihnachtlich geschmückt, aber verwaist. Wo normalerweise vor den Feiertagen ein Fest, Gala oder Konzert das andere jagen, die Restaurants und Bars zum Bersten voll sind und elegant gekleidete Frauen hektisch ihre Weihnachtseinkäufe erledigen, herrscht gähnende Leere. Nur der eisige Wind pfeift. Ein vereinzeltes Taxi hupt.

Die Stadt ganz anders

Times Square, das globale Touristenzentrum schlechthin, und die Fifth Avenue sind menschenleer. Obdachlose liegen auf Bänken oder sitzen mit ihren Habseligkeiten auf der Straße. Manche Geschäfte und Kinos sind mit Holzplatten verbarrikadiert und alle Theater und Konzerthallen haben bis mindestens Juni 2021 geschlossen. Die Verkäufer in den zahlreichen Souvenirgeschäften warten vergeblich auf Kunden, die nicht kommen. Nicht einmal die beliebten Weihnachtsmärkte am Columbus Circle oder Union Square dürfen heuer stattfinden.

Lincoln Center und Metropolitan Opera. Statt Opern kann man Lichtinstallationen betrachten.
Stella Schuhmacher

Einige Weihnachtstraditionen finden aber trotz der Pandemie statt. Der riesige, mit Lichterketten geschmückte Baum vor dem Rockefeller Center erfreut wie jedes Jahr das Auge. Auch der Eislaufplatz davor ist geöffnet, mit strikten Auflagen. Auslagenfenster und Fassaden der Einkaufshäuser in der Fifth Avenue sind wie immer zu dieser Jahreszeit aufwendig und festlich dekoriert. Die Atlasstatue vor dem Rockefeller Center, umgeben von weihnachtlichen Verzierungen, trägt allerdings heuer eine Maske. Dort, wo sich normalerweise Menschenmengen gegenseitig auf die Füße treten und anrempeln, kann man in den Dezemberwochen 2020 alles in Ruhe betrachten. Social Distancing ist hier kein Problem.

Weihnachtsbaum Rockefeller Center.
Foto: Stella Schuhmacher
Atlasstatue Rockefeller Center mit Gesichtsmaske.
Foto: Stella Schuhmacher
Dekorierte Auslagen in der Fifth Avenue. Auch hier Masken.
Foto: Stella Schuhmacher
Weihnachtsdekoration in der leeren Fifth Avenue. Daneben ein Obdachloser.
Foto: Stella Schuhmacher

Chanukka sameach!

Die 1,1 Millionen in New York City lebenden Juden feiern im Dezember Chanukka, das jüdische Lichterfest. In manchen Bäckereien werden Sufganiyots (mit Erdbeermarmelade oder Schokolade gefüllte Krapfen) und Latkes (Kartoffel-Rösti) für das Fest angeboten, das heuer am 10. Dezember begonnen hat. An der Ecke von Fifth Avenue und 57. Straße, am südlichen Ende des Central Park, erstrahlen die Lichter der größten Menora der Welt, direkt neben einem Brunnen mit weihnachtlichen Lichterdekorationen. In den Auslagen der Buchhandlungen liegen Kinderbücher über Chanukka und Weihnachten nebeneinander. Viele Familien in New York feiern beide Feste.

Menora - Ecke Central Park South und 5th Avenue.
Foto: Stella Schuhmacher
Sufganiyots in einer Bäckerei Upper West Side.
Foto: Stella Schuhmacher
Auslage einer Buchhandlung. Chanukkah und Weihnachtsbücher.
Foto: Stella Schuhmacher

Kämpfende Restaurants

Vor den New Yorker Restaurants hat sich in den letzten Wochen eine rege Bautätigkeit entfaltet. Was als Vorgärten für Outdoor-Dining im Sommer begonnen hat wird jetzt wintertauglich gemacht. Es wird gezimmert und dekoriert. Wärmelampen in den verschiedensten Größen und Modellen werden aufgestellt oder aufgehängt. Ob die Restaurants so den Winter überleben können, ist allerdings fraglich. Schon jetzt stehen viele leer. Indoor-Dining, das mit 25 Prozent Kapazitätsauslastung für zwei Monate erlaubt war, wurde aufgrund der steigenden Infektionszahlen Mitte Dezember wieder verboten.

Aufwendig dekorierte Outdoor-Dining Hütte.
Foto: Stella Schuhmacher
Restaurants haben sich auf den Winter vorbereitet.
Foto: Stella Schuhmacher
Outdoor-Dining im Schnee.
Foto: Stella Schuhmacher

So neigt sich 2020 dem Ende zu. New York City steuert voraussichtlich auf den nächsten Shutdown im Jänner zu. In manchen Stadtteilen ist jeder Vierte arbeitslos und die wirtschaftlichen Aussichten für die Stadt sind momentan eher trist. Erfreulicherweise wurde in der Stadt jedoch gerade mit den ersten Impfungen begonnen. Ein Ende der Krise zeichnet sich also ab.

Zum Abschluss folgen Fotos von einem Buckelwal, der im New Yorker Hafen gesichtet wurde; einer Gedenkstätte anlässlich des 40. Todestages von John Lennon im Central Park; und von einem Eislaufplatz im verschneiten Central Park. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihrer Familie besinnliche Feiertage und vor allem ein gesundes neues Jahr!

Buckelwal und Freiheitsstatue am 8. Dezember.
Foto: Reuters
Strawberry Fields. Gedenken an John Lennon. Musiker spielen "Nowhere Man" und "Yesterday".
Foto: Stella Schuhmacher
Eislaufen im verschneiten Central Park.
Foto: Stella Schuhmacher

(Stella Schuhmacher, 25.12.2020)

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