Die Nikon F6 wurde 2004 eingeführt und ist nun nicht mehr lieferbar.

Foto: Nikon/ rob.van.horzen

In der Film- und Fotobranche sind 16 Jahre eine kleine Ewigkeit. So lange wurde die letzte analoge Spiegelreflexkamera für professionelle Ansprüche im Kleinbildformat produziert. Doch jetzt schickt der japanische Hersteller Nikon die F6 in Pension.

Eine offizielle Verabschiedung gibt es nicht, das ist bei Auslaufmodellen nie der Fall. Doch Nikon hat das 2004 eingeführte Produkt nun in die Rubrik "archiviert" verschoben, weltweite Händler wie B&H aus New York beantworten Kaufanfragen mit einem "discontinued", also "nicht mehr lieferbar". Schon in den vergangenen Wochen hatten sich in einschlägigen Foren wie "nikonrumors" die Gerüchte verdichtet.

Acht Bilder pro Sekunde

Die Nikon F6 markierte den Höhepunkt der analogen Kameratechnik. Die Ingenieure aus Tokio hatten viele Features verbaut, wie man sie auch heute von digitalen Kameras kennt: Akkustromversorgung, mehrere Autofokusbetriebsarten, variable Belichtungsmessung, eine Lichtwertkorrektur von bis zu fünf Stufen und eine kürzestmögliche Belichtungszeit von einer Achttausendstelsekunde. Fotografen schwärmen immer noch vom leisen Auslösegeräusch. Hier ein Link zum Originalprospekt von damals.

Die Nummer 6 der seit 1959 gebauten F-Serie in der Nikon-Profiklasse schafft mit zusätzlichem Batteriegriff bis zu acht Bilder pro Sekunde – also achtmal pro Sekunde den Film weiterspulen, neu fokussieren, Belichtung messen, Verschluss öffnen und schließen.

Kein großer Verkaufsschlager

Dennoch war schon bei Erscheinen der F6 klar, dass sie kein großer Verkaufsschlager werden wird. 2004 war der Zug längst in Richtung Digitalisierung abgefahren. Alle Hersteller hatten bereits entsprechende Geräte im Angebot. Trotzdem war die F6 mehr als ein Prestigeprodukt, weil der analoge Film damals den digitalen Sensoren noch überlegen war.

Die F6 war und ist nicht nur innen, sondern auch außen hui. Im Vergleich zu ihrer Vorgängerin F5 ist sie (ohne Batteriegriff) wesentlich kleiner und leichter. Für das Design ist, wie schon bei früheren Nikon-Modellen, die italienische Designlegende Giorgio Giugiaro verantwortlich. Der 82-jährige Maestro ist der Autodesigner des 20. Jahrhunderts, von Giugiaros Reißbrett stammen unter anderem der Lotus Esprit, der Ford Mustang, der erste VW Golf, der Fiat Uno und der DeLorean aus "Zurück in die Zukunft".

Retrowelle und Secondhandmarkt

Die Zukunft der analogen Fotografie ist trotz des Abgangs der F6 nicht aussichtslos. Im Amateurbereich gibt es eine Retrowelle mit neuen, einfachen Kameras. Auch der Secondhandmarkt boomt. Eine gebrauchte F6 in sehr gutem Zustand mit Originalverpackung wird im Fachhandel um bis zu 1.900 Euro gehandelt. (Michael Simoner, 14.12.2020)