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Facebook-Chef Zuckerberg hat schon einige Probleme in den USA, nun kommt auch Gegenwind in Europa.

Foto: AP/Jeff Chiu

Die Pandemie bringt viele Verlierer und wenige Gewinner. Auf der Infektionswelle ganz obenauf surfen jene Tech-Giganten, die schon vor Corona ihre Marktmacht laufend ausgebaut haben. Das ist nicht sehr verwunderlich: Die Lockdowns beispielsweise werden als Verkaufsförderprogramm für Amazon tituliert. Selbst wenn Geschäfte offen halten, lässt es sich beim US-Riesen komfortabel und virenfrei schoppen.

Riesengewinne

Die Folgen sind abenteuerlich: Amazon hat seinen Gewinn allein im dritten Quartal 2020 auf 6,3 Milliarden Dollar verdreifacht, den Börsenwert auf mehr als drei Billionen Dollar innerhalb eines Jahres fast verdoppelt. Andere IT-Riesen profitieren ebenfalls massiv von Covid-19. Die Google-Mutter Alphabet beispielsweise steigerte den Umsatz im dritten Quartal um 20 Prozent und verdient noch mehr als Amazon.

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EU-Vizepräsidentin Vestager geht neuerlich in den Infight mit den Tech-Riesen.
Foto: Reuters/Michael Sohn

Die Vorherrschaft der US-Multis wird von Behörden und Politik mit immer mehr Skepsis gesehen. Facebook verspürt in den USA bereits heftigen Gegenwind. Der Konzern habe "seine Monopolmacht genutzt, um kleinere Rivalen zu vernichten und die Konkurrenz auszulöschen, alles auf Kosten alltäglicher Nutzer", sagte New Yorks Justizministerin Letitia James vergangene Woche, nachdem 46 Bundesstaaten ebenso wie die Bundesbehörde FTC gegen das soziale Netzwerk vor Gericht gezogen waren.

Langes Prozedere

Am Dienstag verschärft die EU-Kommission den Kampf gegen Marktmissbrauch und Monopolisierung. Vizepräsidentin Margrethe Vestager und Binnenmarktkommissar Thierry Breton werden ein Maßnahmenbündel präsentieren, um die digitalen Zampanos in die Schranken zu weisen. Allerdings ist mit einem heftigen Tauziehen zur rechnen – die Regelungen dürften nicht vor 2024 in Kraft treten.

Die Grundzüge der neuen Vorgangsweise hat Vestager bereits bei mehreren Gelegenheiten skizziert, zudem haben einige Medien wie die Financial Times über die jüngsten Entwürfe berichtet: Sie stellen einen "Schuss vor den Bug" der Tech-Riesen dar, wie der Handelsforscher Peter Schnedlitz meint. Ein Überblick:

Das Geschäft bei Amazon brummt – nicht zur Freude aller.
Foto: Imago
  • Keine Bevorzugung: Große Anbieter mit mehr als 45 Millionen Nutzern in der Europäischen Union – sogenannte Gatekeeper – sollen zur Gleichbehandlung verpflichtet werden. Eigene Dienste dürfen demnach nicht mehr über Vorinstallierung gepusht werden. Das würde etwa die Google-Services betreffen, die sich auf Handys mit dem Alphabet-Betriebssystem Android befinden. Auch Amazon wäre betroffen, wird dem Konzern doch vorgeworfen, attraktive Angebote fremder Hersteller auf seiner Plattform zu unterbieten. Schnedlitz berichtet, dass österreichischen Unternehmen dann gleich noch angeboten wurde, ihre Lager zu Spotpreisen zu übernehmen. Daher müsse der Datentransfer von der Plattform Amazon zum Onlinehändler Amazon unterbunden werden, so Schnedlitz. Auch die rigide Preispolitik von Google oder Apple über ihre App-Stores ist Ziel der neuen Regulierung. Das Gleiche gilt für E-Mail-Dienste aus dem eigenen Haus, ohne die bei App-Stores wenig geht. Ein anderes Beispiel: Booking.com untersagt den Hotels, abseits der Plattform niedrigere Preise anzubieten.
  • Offene Schnittstellen: Die EU-Kommission will, dass sich große IT-Dienstleister der Konkurrenz öffnen. Anbieter wie Whatsapp (Facebook) sollen den Austausch über andere Dienste wie beispielsweise Telegram ermöglichen. Zudem sollen die Kriterien offengelegt werden, nach denen Suchmaschinen ihre Ergebnisse reihen und welche Algorithmen beim Targeting von Konsumenten verwendet werden.
  • Aufsicht und Strafen: Alles steht und fällt mit der Kontrolle. Vestager und Breton denken an externe Prüfer und einen europäischen Ausschuss für digitale Dienste, der die Tech-Riesen überwacht. Verstöße sollen mit bis zu sechs Prozent des Umsatzes bestraft werden können, berichtete Politico. Reuters geht sogar von Geldbußen bis zu zehn Prozent der Erlöse aus. So oder so: Die Rede ist von Strafen in Milliardenhöhe. (Andreas Schnauder, 15.12.2020)