Der Angeklagte sitzt für die ÖVP im oberösterreichischen Landtag und ist Bürgermeister einer Gemeinde.

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Wien – Ein oberösterreichischer Landtagsabgeordneter und Bürgermeister der ÖVP steht ab 14. Jänner wegen mehrfacher Vergewaltigung, sexueller Belästigung und Verleumdung vor Gericht. Der Politiker, für den die Unschuldsvermutung gilt, bestreitet die Vorwürfe. Ein Rücktritt oder eine Ruhendstellung seiner Funktionen ist offenbar derzeit weder für ihn noch für die Partei ein Thema.

Der Angeklagte soll eine Mitarbeiterin in der Zeit von 2014 bis 2016 zweimal sexuell belästigt und dreimal vergewaltigt haben. Laut Privatbeteiligtenvertreter Clemens Krabatsch hat seine Mandantin, die noch heute mit den psychischen Folgen der Übergriffe zu kämpfen habe, lange nicht den Mut aufgebracht, über die Vorfälle zu sprechen. Als sie es schließlich doch tat, soll der Abgeordnete versucht haben, sie mit einer zivilrechtlichen Klage zum Schweigen zu bringen, und eine Anzeige wegen Verleumdung gegen sie eingebracht haben.

Ermittlungen gegen Opfer führten zu Anklage gegen Mann

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens gegen die Frau drehte sich die Sache aber, und die Staatsanwaltschaft Wels erhob im November gegen den Abgeordneten, der die Vorwürfe bestreitet, Anklage wegen sexueller Belästigung, Vergewaltigung in drei Fällen sowie Verleumdungen. Sie stützt sich unter anderem auf DNA-Spuren, die die Frau aufbewahrt hat. Das Ermittlungsverfahren gegen seine Mandantin sei eingestellt worden, betonte Krabatsch.

Der Beschuldigte selbst wollte auf APA-Anfrage nichts sagen und verwies nur auf die Unschuldsvermutung und seinen Verteidiger Oliver Plöckinger. Dieser sagte, sein Mandant werde sich nicht geständig verantworten. Laut den Aussagen des Politikers hat es die Vorfälle nicht gegeben, auch keine einvernehmlichen sexuellen Handlungen. Ein Rücktritt sei derzeit nicht geplant, so sein Anwalt.

OÖVP: Bei Verurteilung umgehend Konsequenzen

Ähnlich reagierte die Landes-ÖVP: "Der Mandatar bestreitet uns gegenüber die erhobenen Vorwürfe massiv. Grundsätzlich gilt wie immer auch hier die Unschuldsvermutung. Es ist aber klar, dass es im Falle einer Verurteilung seitens der OÖVP umgehend entsprechende Konsequenzen geben wird", hieß es in einer Stellungnahme.

Ob der Prozess an einem Tag abgewickelt werden kann, ist unsicher. Das könnte auch davon abhängen, ob die Verteidigung weitere Zeugen beantragt. Es ist damit zu rechnen, dass die Verhandlung weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden wird. Die Strafdrohung für den gröbsten Vorwurf der Anklage liegt bei fünf bis 15 Jahren, ein Mandatsverlust erfolgt üblicherweise ab einer Strafe von einem Jahr unbedingt.

Landtagsmandat ruhend gestellt

Am Dienstagabend wurde bekannt, dass der ÖVP-Abgeordnete sein Landtagsmandat ruhend gestellt hat. Das teilte Klubobmann Christian Dörfel mit. Ob er als Ortschef bleibt, werde in der Gemeinde zu klären sein, hieß es aus der ÖVP. Der Mandatar wolle mit dem Schritt seine Familie schützen und sich auf sein Verfahren konzentrieren, so Dörfel. "Die Bezüge werden einer sozialen Einrichtung gespendet." (APA, 15.12.2020)