Bild nicht mehr verfügbar.

Eine Mutter und ihr Baby in Colombo, Sri Lanka (Symbolbild).

Foto: Reuters / Dinuka Lyanawatte

Rund neunhundert Babys aus Sri Lanka wurden zwischen 1973 und 1997 von Schweizer Paaren adoptiert – und das oft illegal. Es habe einen richtiggehenden Kinderhandel gegeben, so der Schluss einer bereits im Februar 2020 veröffentlichten historischen Abklärung der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW).

Die Schweizer Justizministerin Karin Keller-Sutter trat nun am Montag vor die Presse und sprach den Betroffenen im Namen des Bundesrats ihr Bedauern aus. "Das sind klare und aus heutiger Sicht unverständliche Versäumnisse und Verfehlungen der eidgenössischen und der kantonalen Behörden", so die Ministerin. Der Bundesrat erkenne an, dass dadurch viel Leid verursacht worden sei, das nicht mehr rückgängig gemacht werden könne. In Zukunft sollen die – inzwischen erwachsenen – Kinder angemessen unterstützt werden.

Adoption ins europäische Ausland

Viele der Kinder wurden ihren Müttern weggenommen, aus Spitälern entführt oder auf sogenannten "baby farms" unter elenden Umständen eigens für die Adoption gezeugt. Mit gefälschten Namen, Geburtsdaten und anderen Dokumenten wurden sie anschließend zur internationalen Adoption freigegeben. Mehrere hundert Babys kamen zu Schweizer Familien, andere wurden in weitere europäische Länder wie Deutschland oder Schweden adoptiert. Die Schweiz ist das erste Land, das Behördenversagen im Zusammenhang mit den Adoptionen eingesteht.

Bild nicht mehr verfügbar.

Entschuldigte sich im Namen des Bundesrats bei den Betroffenen: die Schweizer Justizministerin Karin Keller-Sutter.
Foto: Reuters / Denis Balibouse

Kinder für Eltern gesucht, nicht Eltern für Kinder

Die Schweizer Behörden hätten laut der Untersuchung schon im Jahr 1982 von den zweifelhaften Bedingungen gewusst, unter denen die Adoptionen durchgeführt wurden – und diese geduldet. Auch die Beamten regionaler Behörden trügen eine Mitschuld: "Sie bestanden nicht auf klaren Herkunftsangaben und Zustimmungserklärungen der leiblichen Eltern", so die Autorinnen und Autoren der Studie. "Alles in allem wird deutlich, dass Kinder für Eltern gesucht wurden und nicht Eltern für Kinder."

DNA-Tests für die Familiensuche

Die mittlerweile erwachsenen Kinder organisieren sich teils in Vereinen, etwa in der Schweizer Interessenvertretung Back To The Roots. Deren über 500 Mitglieder setzen sich für "die Anerkennung und Wiedergutmachung des geschehenen Unrechts" ein und unterstützen sich gegenseitig bei der Suche nach ihren biologischen Familien. Durch die gefälschten Papiere wird die Suche häufig verunmöglicht, DNA-Tests sind daher meist die einzige Möglichkeit, Verwandte zu finden.

Die Schweiz will im Rahmen der Wiedergutmachung Betroffene nun bei der Suche nach ihren Herkunftsfamilien unterstützen. Außerdem soll eine Expertengruppe auch das Vorgehen bei aktuellen Adoptionsverfahren kritisch beleuchten: "In Zukunft muss immer das Wohl des Kindes im Zentrum einer internationalen Adoption stehen", so Justizministerin Keller-Sutter. (Ricarda Opis, 15.12.2020)