Ob Marcel Hirscher je wieder in den Weltcup zurückkehren wird, weiß womöglich nicht einmal er selbst.

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Wenn ein Marcel Hirscher in den Rennanzug schlüpft, vielversprechend zwischen den Toren zu Tal bolzt und dabei auch noch Topzeiten abliefert, dann werden freilich Spekulationen befeuert, dass der im September 2019 zurückgetretene Heiland der österreichischen Skifahrt ein Comeback wagen könnte. Der 31-jährige Salzburger wäre eine höchst willkommene Bereicherung für die schwächelnde Riesenslalom-Mannschaft, die in drei Saisonrennen als beste Ergebnisse lediglich Platz 17 von Stefan Brennsteiner in Sölden, Rang 14 von Marco Schwarz in Santa Caterina und Platz 17 von Roland Leitinger beim zweiten Riesentorlauf ebendort vorzuweisen hat.

Es ist nicht auszuschließen, dass es einen leidenschaftlichen Rennfahrer wie Hirscher ordentlich reizen würde, wieder in den Skizirkus zurückzukehren, schließlich haben die zwei Bretter für den achtfachen Sieger des Gesamtweltcups mehr als zwei Jahrzehnte die Welt bedeutet. Was sicherlich auch ein Grund war, warum er vergangenen Samstag beim Training des ÖSV-Teams auf der Reiteralm wieder einmal anschnallte und hernach über die sozialen Kanäle verbreitete: "That's what it is about", was so viel heißt wie, "genau darum geht's". Ob er dabei – wie von einigen Medien kolportiert und vom Skiverband nicht bestätigt – mehrere Bestzeiten in den Schnee legte, sei dahingestellt. Fakt ist, er machte außerordentlich gute Figur und der ÖSV würde ihm garantiert keine Steine in den Weg legen, wenn er sich tatsächlich zu einem Comeback entschließen würde. Präsident Peter Schröcksnadel würde sich vermutlich zu Luftsprüngen bemüßigt fühlen, denn der nach 30 Triumphen en suite zuletzt verlustig gegangene Nationencup würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wieder eingefahren werden können.

Doch eine Rückkehr in den Skizirkus ist – zumindest vorerst – auszuschließen, auch wenn die durch die Pandemie und Erfolglosigkeit in der selektivsten Skidisziplin leidenden Seelen der Alpenrepublik sich genau das sehnlichst wünschten.

Die medienwirksamen Trainingsläufe in der Steiermark dienten einerseits dazu, die Lust auf flottes Skifahren zu befriedigen und andererseits den Erwartungen der Sponsoren gerecht zu werden. Zudem ist ein Engagement im Bekleidungsbusiness naheliegend, verwies der Salzburger doch unter #themountainstudio auf ein Label für Aktivbekleidung, dessen Launch für Herbst 2021 geplant ist. Würde Hirscher tatsächlich zurückkommen wollen, würde er sich akribisch vorbereiten, nichts dem Zufall überlassen, denn er würde nicht nur dabei sein, sondern wie gewohnt um Siege mitmischen wollen.

Alles oder nichts

Der Salzburger weiß aber, dass dies einen enormen Aufwand bedeuten würde. Einen Aufwand, den er, wie er bei seinem Rücktritt verkündete, nicht mehr bereit war, zu betreiben: "Ich habe in der Saisonvorbereitung gemerkt, na, ich bin nicht mehr bereit, diesen Weg zu gehen. Mir war immer klar, 100 Prozent oder gar nicht", sagte er dem STANDARD bei seinem Abschied von der Bühne 2019. Und er schloss damals nach reiflichen Überlegungen aus, nach einer Auszeit wieder zurückzukommen. Das Kofferpacken, dabei immer überlegen zu müssen, ob "das komplette Equipment, das über Sieg und Niederlage entscheidet", beisammen ist, werde er am Allerwenigsten vermissen.

Für ein Comeback bräuchte es freilich auch eine Aufnahme in den Testpool der Anti-Doping-Agenturen NADA und WADA mit einer Vorlaufzeit von sechs Monaten. Allein deshalb ginge sich etwa ein Start des Titelverteidigers beim WM-Slalom von Cortina d’Ampezzo im Februar nicht mehr aus.

Dass die Rückkehr aktuell kein Thema ist, lässt sich auch aus der Reaktion von Herren-Rennsportleiter Andreas Puelacher ableiten, der sagte, dass man nach Hirschers Trainingsläufen keine Schlüsse ziehen solle. Wenn es etwas zu sagen gäbe, würde er es tun. Über Comeback-Pläne habe man nicht gesprochen: "Es schaut lässig aus, wie er fährt. Es hat ihm Spaß gemacht. Man sollte aber nicht Kaffeesud lesen", so Puelacher.

Da Hirscher junior für Medienanfragen auf Tauchstation ist, wollte der STANDARD Ferdinand Hirscher zur Causa befragen. Doch Hirscher senior wollte sich dazu nicht äußern: "Ich will kein Interview dazu geben, ich muss mich da zurückhalten", sagte der Vater des Doppelolympiasiegers von Pyeongchang 2018. Physisch spreche jedenfalls nichts dagegen, weil er viel trainiere und körperlich in einem guten Zustand sei, aber momentan sei ihm das Motorradfahren fast wichtiger. (Thomas Hirner, 15.12.2020)