Im letzten Jahr haben viele Menschen mehr für ihre Nachbarn getan – nur eine von vielen positiven Entwicklungen im Corona-Jahr.

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  • Mehr Regionalität

Vor allem während der Lockdowns ist das Angebot im direkten Wohnumfeld wichtiger geworden. Der Bewegungsradius der meisten Menschen hat sich verkleinert, lokale Angebote wurden somit wichtiger – etwa die kleine Greißlerei ums Eck, die zu Fuß erreichbare Pizzeria oder die nahe gelegene Fahrradwerkstatt. Eingekauft wurde plötzlich nicht mehr am Rückweg von der Arbeit im Fachmarktzentrum am Stadtrand oder bei der U-Bahn-Station, sondern regionaler. Sport wurde im Park nebenan getrieben und nicht mehr im Fitnessstudio in der Stadt, von den vielen Spaziergängen ganz zu schweigen. Viele haben ihr eigenes Grätzl so überhaupt erst richtig kennengelernt.

  • Mehr Nachbarschaftshilfe

Nicht nur die eigene Wohngegend, auch manche Nachbarn kennt man nun besser. Die viele Zeit daheim hat das ganz automatisch bewirkt. In vielen Grätzln und Wohnhäusern ist ein neues Miteinander entstanden. Nachbarn bringen Einkäufe mit, passen auf die Kinder auf oder helfen einander am Handy oder Computer.

  • Mehr Zeit für Ausmisten und Reparieren

Vor allem im ersten Lockdown wurde die viele Zeit daheim zum Ausmisten, Sortieren und Reparieren genutzt. Mancherorts mussten sogar die Altkleidercontainer wegen Überfüllung gesperrt werden. Auch die Nachfrage nach Handwerkern war groß, und geschlossene Baumärkte und Müllplätze wurden schmerzlich vermisst. Vielen Menschen ist klar geworden, dass sie mit ihrer Wohnsituation unzufrieden sind, und sie haben daraufhin die Sache bzw. das Werkzeug in die Hand genommen – die viele zusätzliche Zeit machte es möglich.

  • Stärkung des ländlichen Raumes

Dass Arbeiten von überall möglich wurde, hat viele Menschen dazu veranlasst, ihren Lebensmittelpunkt aufs Land zu verlegen – ins Ferienhaus, den Zweitwohnsitz oder zurück ins Kinderzimmer. Diese Regionen, wo Arbeitsplätze oft Mangelware sind, haben durch Corona ein Revival erfahren. Das könnte auch nach der Krise so bleiben, mancherorts gibt es dafür schon Überlegungen – etwa die Einrichtung von Co-Working-Spaces, um gemeinschaftliches Arbeiten am Land zu ermöglichen.

  • Aufwertung von Homeoffice

Die Krise hat gezeigt, dass Produktivität auch im Homeoffice möglich ist. Was viele Unternehmen zuvor nicht glauben wollten, mussten sie nun auf die harte Tour erfahren, und viele haben eingesehen – es funktioniert. Auch wenn einige darunter leiden: Für manche Menschen ist das Homeoffice auch eine Erleichterung, etwa weil sie nun auf lange Arbeitswege verzichten können. Bleibt zu hoffen, dass Homeoffice auch nach der Pandemie in vielen Unternehmen den Mitarbeitern flexibel möglich gemacht wird.

  • Dämpfer für Airbnb

Der Kurzzeitvermietungs-Plattform Airbnb wird vorgeworfen, dem ohnehin oft knappen Wohnraum in Städten Wohnungen zu entziehen. Doch durch die Corona-Krise sind Urlauber und Geschäftsreisende ausgeblieben. In der Folge sind Airbnb-Wohnungen wieder vermehrt auf dem herkömmlichen Mietmarkt gelandet, wie eine Studie der TU nahelegt. Auf die Preise von Mietwohnungen hat sich das bisher zwar nicht ausgewirkt, dieser Effekt könnte aber noch folgen – vorausgesetzt, nach der Krise verschwindet dieses Mehr an Wohnungen nicht gleich wieder zurück auf Airbnb.

  • Freiflächen werden zum Must-have

Die Nachfrage nach Balkon, Terrasse und Garten hat bei Immobiliensuchenden in der Krise extrem zugenommen. Eine Wohnung ohne Freifläche zu mieten oder zu kaufen kommt für viele nicht mehr infrage. Das ist auch bei Bauträgern angekommen, sie errichten neue Wohnungen fast ausschließlich mit diesem Extra – was auf lange Sicht dazu führt, dass Wohnungen ohne Freiflächen immer seltener oder zumindest günstiger werden.

  • Solidarität bei Mietzinsrückständen

Viele Menschen haben in der Krise ihre Jobs verloren und konnten daraufhin die Mieten für Wohnungen oder Geschäftslokale nicht mehr bezahlen. In manchen Gemeinden wurden Mieter daraufhin durch Einmalzahlungen unterstützt oder haben von einer einkommensabhängigen Wohnbeihilfe profitiert. Neben der gesetzlichen Regelung, dass Mietzinsrückstände aus dem Frühjahr erst ab April 2021 vom Vermieter gerichtlich eingeklagt werden können, zeigten sich viele Vermieter aber auch von sich aus solidarisch und kamen ihren Mietern entgegen. Die eine oder andere Zahlung wurde – laut zahlreichen Berichten in sozialen Medien – sogar ganz erlassen.

  • Richtig lüften – so geht's!

Die Immobilienportale des Landes predigen es schon lange: Lüften ist wichtig, vor allem im Winter beugt es der Schimmelbildung vor. Seit der Corona-Pandemie hat dieses Thema jedoch eine ganz neue Bedeutung. Denn wenn die Luft regelmäßig ausgetauscht wird, sinkt in Innenräumen das Infektionsrisiko. Nicht wenige Menschen haben sich daher in diesem Jahr erstmals mit richtigem Lüften beschäftigt und tun damit auch ihren Wohnungen in diesem Winter etwas Gutes.

  • Corona als Digitalisierungsschub

Auch vor der Krise war es schon vereinzelt möglich, eine Wohnung digital zu besichtigen. In diesem Jahr hat diese Technologie allerdings einen kräftigen Schub verpasst bekommen. Einzelne Wohnungen wurden sogar ausschließlich so verkauft. Insgesamt dürfte der virtuelle Rundgang den realen zwar nicht ersetzen, aber der erste Eindruck gelingt dadurch auf jeden Fall besser als mit Fotos oder Worten. Und auch in anderen Bereichen der Branche gab es technischen Aufwind, vieles ist online gegangen: So sind etwa auch Hausverwaltungen und der Wohnbau insgesamt digitaler geworden.

  • Mehr Kreativität daheim

Wer hätte gedacht, dass auch in der kleinsten Wohnung Platz für ein Homeoffice ist? Viele mussten in diesem Jahr umdisponieren und sich in den eigenen vier Wänden neu einrichten oder zumindest besser zurechtfinden. Da wurde schon einmal der Balkontisch ins Schlafzimmer getragen, auf einem Beistelltisch oder im Stehen auf der Fensterbank gearbeitet. Die Wohn- und Arbeitslösungen in diesem Jahr waren jedenfalls kreativ!

  • Wir wissen, was wir haben

Zu wenig Zeit daheim, das haben früher viele beklagt. Seit der Krise ist das anders, und dabei haben manche gemerkt, wofür die eigene Wohnung geeignet ist – und wofür nicht. So mag eine große Wohnküche am Wochenende eine gute Idee sein. Müssen Kochen, Homeschooling und -office an fünf Tagen die Woche dort stattfinden, ist sie es wohl eher nicht. Viele haben erkannt, was ihr Zuhause kann, und manche haben entschieden, dass sie wohl eine neue Bleibe brauchen – oder sich zumindest in der nächsten Wohnung wieder eine separate Küche wünschen. (Bernadette Redl, 27.12.2020)