Amazon mag nicht der erste Hersteller von Streaming-Sticks gewesen sein, mittlerweile erfreuen sich die Geräte der Fire-TV-Reihe aber großer Beliebtheit. Und das hat durchaus gute Gründe: Immerhin lassen sich hier – mittlerweile – praktisch alle wichtigen Streamingdienste bequem nutzen, gleichzeitig gibt es die Hardware äußerst günstig. Schon bei den Listenpreisen dürfte der Hersteller kaum einen Gewinn machen, dazu kommt noch, dass es regelmäßig Aktionen gibt, die das Ganze endgültig zum Schnäppchen machen. Das macht auch eines klar: Amazon geht es hier weniger um direkte Einnahmen denn um die Verbreitung der eigenen Plattform und Services – wie Amazon Prime oder auch Alexa.

Der Fire TV Stick Lite ist die günstigste Ausführung von Amazons Streaming-Stick.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Mit dem Fire TV Stick Lite hat das Unternehmen vor einigen Wochen ein neues Modell präsentiert, das diesen Ansatz so gut repräsentiert wie kein zweites: Um einen regulären Preis von gerade einmal 30 Euro wird der Streaming-Stick angeboten, in vorweihnachtlichen Aktionen wurde aber auch dieser noch einmal auf unter 20 Euro gedrückt. Es kann also nur mehr eine Frage der Zeit sein, bis man noch etwas dazu geschenkt bekommt, wenn man einen Fire-TV-Stick annimmt. Doch was vermag der Stick zu leisten? Dieser Frage wird im folgenden Test nachgespürt, mit dem wir übrigens bewusst etwas zugewartet haben – gibt es doch erst seit kurzem die neue Generation der Fire-TV-Oberfläche, die einiges ändert.

Die Lite-Version

Der erste Blick liefert das übliche Bild: Das Design des Fire-TV-Sticks ist – freundlich gesagt – "funktionell". Wirklich relevant ist dieser Punkt aber ohnehin nicht, immerhin ist die Idee ja, dass der Stick hinter dem Fernseher verschwindet. Ob er dies auch wirklich tut, hängt allerdings davon ab, wo die HDMI-Anschlüsse des TVs zu finden sind, an denen der Stick angeschlossen wird. Bei wem sich diese ganz am Rand des Geräts befinden, der wird sich damit abfinden müssen, dass man den Stick von vorne sieht. Zum Glück wird eine flexible Verlängerung mitgeliefert, die das zumindest in einem gewissen Maß kaschieren kann. Im direkten Vergleich zu einem Fire TV Stick 4K ist das Einsteigermodell übrigens etwas kleiner – und somit auch kürzer.

Apropos: 4K beherrscht die Lite-Ausführung natürlich nicht. Stattdessen beschränkt sich die Hardware auf 1080p, diese aber immerhin mit 60 FPS und HDR-Support. Das heißt auch: Wer einen 4K-Fernseher hat, der verschenkt mit dem Lite-Modell natürlich einiges an Qualität und sollte lieber etwas mehr in ein stärkeres Modell investieren. Was im Vergleich zu anderen Modellen ebenfalls fehlt, ist der Support für Dolby Atmos und diverse Toneinstellungen.

Fernbedienung

Das mag manche stören, wirklich problematisch wird es aber bei einem Blick auf die mitgelieferte Fernbedienung. Diese ist zwar an sich durchaus gut verarbeitet, lässt aber zentrale Tasten vermissen. So gibt es hier weder Knöpfe für die Lautstärkeregelung noch einen Power-Button. Das ist ein nicht zu unterschätzendes Defizit, heißt dies doch, dass man in der Praxis immer zwei Fernbedienungen braucht, um alltägliche Tasks erledigen zu können. Warum Amazon meint, ausgerechnet an einer für die Nutzung so essenziellen Stelle sparen zu müssen, bleibt ein Rätsel.

Was es hingegen sehr wohl gibt, ist eine Taste zur Aktivierung der Spracheingabe via Alexa, die auch sehr gut funktioniert. Erfreulich ist auch, dass es dedizierte Buttons für Wiedergabe/Pause sowie Vor- und Zurückspulen gibt. Etwas, bei dem wiederum Konkurrent Google bei seinem Chromecast mit Google TV gepatzt hat. Leicht überflüssig wirkt hingegen ein eigener Knopf, um auf die Senderliste für Live-Inhalte zu wechseln, immerhin dürfte das bei den meisten maximal ein Nebenthema in der Nutzung sein.

Setup, sehr einfach

Die Einrichtung eines Fire-TV-Sticks war in der Vergangenheit eine eher mühsame Angelegenheit. Umso erfreulicher, dass Amazon mittlerweile in dieser Hinsicht ganz gehörig nachgebessert hat. So wird der Login auf dem Gerät mithilfe einer eigenen Webseite autorisiert, sodass man sich die Eingabe des Passworts erspart. Negativ fällt hingegen auf, dass Amazon dabei gleich ungefragt gewisse Annahmen für die Nutzer tätigt. So erhält man umgehend eine Mail, dass der Amazon-Photos-Zugang aktiviert wurde. Der Dienst mag kostenlos sein, trotzdem sollten solche Dinge immer erst nach expliziter Zustimmung passieren. Doch so viel sei vorab verraten: Das wird nicht die einzige zweifelhafte Entscheidung für die Nutzer bleiben.

Die neue Oberfläche für Fire OS ist besser, aber noch immer sehr Amazon-zentriert.
Foto: Amazon

Doch zunächst weiter im Setup-Prozess: Positiv fällt auf, dass Amazon Kinderschutzfunktionen von Grund auf in sein System integriert hat, die sich an dieser Stelle auch gleich aktivieren lassen. Danach folgt eine Liste mit "empfohlenen" Apps, die zur Installation vorgeschlagen werden. Dabei kann man sich allerdings nicht ganz des Eindrucks erwehren, dass diese Liste eher anhand von monetären Zuwendungen an Amazon erstellt wurde – und weniger anhand der Relevanz für die Nutzer. Aber sei es, wie es sei, im Endeffekt kann man diese "Tipps" ignorieren, vor allem aber findet man sonst so ziemlich alles, was man für den Streamingalltag braucht: Von Netflix über Youtube bis zu Disney+, Zattoo, Magenta TV und sogar Apple TV+ reicht hier die Palette. Dazu kommen noch jede Menge Mediatheken der diversen Fernsehsender und auch Apps für Medienzentralen wie Kodi und Plex. Prime Video und Amazon Music sind natürlich ohnehin vorinstalliert – nicht ganz überraschend. Auch sonst ist das App-Angebot recht breit, wer will, kann auch Spiele einrichten und dann etwa mit einem via Bluetooth verbundenen Controller verbinden. Eine Anmerkung am Rande: Warum Amazon von Haus aus bei der Installation jeder kostenlosen App eine "Bestellbestätigung" per Mail verschickt, weiß wohl nur das Unternehmen selbst.

Neue Oberfläche

Einleitend wurde es bereits angedeutet: Es gibt seit kurzem eine neue Fire-TV-Oberfläche, und der Fire TV Stick Lite gehört zu den ersten Geräten, die diese erhalten. Der Ersteindruck ist dabei gleich einmal positiv: Optisch stellt diese durchaus eine Verbesserung im Vergleich zum Vorgänger dar. Auch funktionell hat sich so manches getan, das den Amazon-Geräten guttut.

Den Großteil des Bildschirms nehmen aktuelle Empfehlungen ein, gleich darunter ist dann aber schon eine Zeile mit dem Schnellzugriff auf die installierten Apps zu finden. Erfreulich ist dabei, dass sich diese nach Belieben umsortieren lässt. Dann wird es schon wieder Amazon-spezifischer: folgt doch eine Reihe mit weiteren Empfehlungen aus dem Amazon-Angebot. Doch auch hier hat das Unternehmen dazugelernt. Ist man Prime-Kunde, werden hier nur Inhalte angezeigt, die in dem entsprechenden Abo enthalten sind. In der Prime-App selbst wird hingegen weiterhin bunt durchgemischt.

Ein erfreuliches Extra: Multi-User-Support beim Fire TV Stick Lite.
Grafik: Amazon

Viel Werbung

Die nächste Zeile deute dann schon eher an, wohin die weitere Reise geht: Diese ist nämlich gesponserten Apps und Inhalten gewidmet – also einer Werbeplatzierung. Darunter folgen dann eine Vielzahl an weiteren Reihen, die diverse Kategorien für via Amazon erhältliche Inhalte versammeln. Die reale Nützlichkeit des Homescreens bleibt damit für jene, die vor allem andere Streaming-Apps nutzen, äußerst begrenzt, das Ganze hat auch jenseits der offensichtlich bezahlten Positionierungen mehr den Geruch einer reinen Amazon-Werbeansicht als einer unabhängigen Plattform im Dienste der Nutzer. Eine echte Verschränkung verschiedener Dienste – wie sie etwa beim aktuellen Chromecast mit Google TV geboten wird – sucht man vergeblich. Andere Services sucht man in all diesen Aufreihungen – wie etwa auch der Watchlist – jedenfalls vergeblich. Dazu passt dann auch, dass auch an anderen Stellen im User-Interface eifrig Werbung für Amazon-Dienste wie Audible gemacht wird.

Profile

Was hingegen sehr gut gefällt, ist ein Feature, das ebenfalls gerade erst Einzug gehalten hat: Es gibt nun Unterstützung für bis zu sechs Profile, die alle eine eigene Watch History sowie darauf basierende Empfehlungen aufweisen. Das ist vor allem für Familien nützlich, die ihre Sehgewohnheiten getrennt voneinander halten wollen. Für die Zukunft wäre wünschenswert, dass das dann noch alles irgendwie mit jenen Profilen verzahnt wird, die Dienste wie Netflix oder Disney+ anbieten. Eher in die Kategorie "Spielerei" fällt die Möglichkeit, das Nutzer- an ein Stimmprofil zu koppeln, um dann via Spracheingabe auf den eigenen User zu wechseln. In der Praxis ist es nämlich flotter und zuverlässiger, das einfach mit der Fernbedienung zu machen.

Eine zentrale Stelle in der Oberfläche nimmt die Suchfunktion ein, die ebenfalls via Spracheingabe oder Text funktioniert. Zudem gibt es an dieser Stelle diverse Kategorien zum Durchstöbern. In Summe funktioniert dass alles recht gut, auch Suchen nach Schauspielern oder Inhalten klappen tadellos. Dann wäre da noch der bereits angesprochene Live-Tab. An sich ein nettes Extra, das aber auch nur begrenzt durchdacht ist. So landen an dieser Stelle sämtliche von einer App angebotenen Livestreams – egal ob sie funktionieren oder nicht. Wer etwa in Österreich die ZDF-App installiert, findet dann alle möglichen Streams vor, die in Wirklichkeit gar nicht gehen. Zumindest ist es möglich, diese Liste zu sortieren und einzelne Einträge auszublenden. Trotzdem wirkt dies wie ein Feature, das vor allem mit dem Blick auf die direkte Integration von Fire OS in die Kabelboxen von Netzanbietern gedacht ist – und dort auch viel mehr Sinn ergeben würde.

Wer suchet, der findet hier oft.
Grafik: Amazon

Software und Hardware

Apropos Fire OS: Das ist der Name des von Amazon verwendeten Betriebssystems, der aktuelle Stand ist die Version 7.2.2.8, die wiederum auf dem Quellcode des nicht mehr ganz taufrischen Android 9 basiert. Wie gewohnt verwendet Amazon eine eigene Android-Abspaltung, die ganz ohne Google-Dienste auskommt.

Im Inneren des Fire TV Stick Lite werkt ein Mediatek MT8695D, das ist ein Vierkernprozessor, der mit 1,7 GHz getaktet ist und dem 1 GB RAM zur Seite stehen. Die daraus resultierende Performance ist "okay", aber auch nicht viel mehr. Hänger gibt es immer wieder, wobei vieles davon auch auf schlecht programmierte Apps zurückzuführen ist. Der Homescreen selbst reagiert meist flott. Zumindest wirkt die neue Oberfläche eine Spur flinker als der direkte Vorgänger. Der lokale Speicherplatz ist mit 8 GB angegeben, in der Realität sind aber etwas weniger als vier davon wirklich nutzbar. Für eine entsprechend flotte Internetanbindung sorgt WLAN-802.11ac-Support.

Ungefragte Datensammlungen

Noch einmal zurück zum Thema "zweifelhafte Entscheidungen": Wie sich beim Stöbern durch die Einstellungen offenbart, aktiviert Amazon von Haus aus diverse Datensammlungen, die über den eigentlichen Zweck des Geräts hinausgehen. Was damit gemeint ist: Dass Amazon das Sehverhalten erfasst, um darauf basierend Empfehlungen anbieten zu können, sollte keine große Überraschung sein, das ist immerhin eine Kernfunktion solcher Devices. In dem Fall werden aber darüber hinaus auch allgemeine Daten zur Geräte- und App-Nutzung – etwa wie lange diese genutzt werden – an Amazon geschickt. Dort werden sie dann unter anderem zu Marketingzwecken, aber auch zur gewohnt vagen "Verbesserung der Services" verwendet. Ärgerlich daran ist vor allem, dass Amazon all das ungefragt aktiviert, selbst das für seinen Datenhunger bekannte Google holt vor dem Sammeln solcher erweiterten Nutzungsdaten die Zustimmung der User ein. Zumindest lassen sich diese Dinge beim Fire TV Stick Lite deaktivieren, womit die Privacy-Bilanz noch immer besser ausfällt als bei so manchen Smart-TVs.

Zur Ausstattung gehört eine Fernbedienung, die aber leider in ihren Möglichkeiten unerfreulich beschnitten wurde.
Foto: Amazon

Fazit

Es gäbe so einiges am Fire TV Stick Lite zu kritisieren: etwa dass das Ganze auch mit der neuen Oberfläche noch immer wie eine Amazon-Werbeplattform wirkt, bei der andere Dienste irgendwie auch gehen. Aber, ganz ehrlich: Um den Preis ist es schwer, darüber allzu laut zu klagen. Immerhin bekommt man das Gerät fast schon geschenkt, und wer sich das Ganze etwas zurechtrichtet, findet auch schnell seinen Weg zu Netflix, Youtube und Co. Vor allem aber geht das Streamen in 1080p tatsächlich tadellos, und es werden eben praktisch alle relevanten Dienste unterstützt.

Insofern wäre der Fire TV Stick Lite eigentlich das perfekte Einstiegsmodell in der Schar der Streaminggeräte. Aber eben nur "wäre". Denn leider hat Amazon bei der Hardwareausstattung an der falschen Stelle gespart. Der Verzicht auf Lautstärkeknöpfe – sowie die fehlende Integration mit Soundbar und Co – wiegt schwerer als irgendwelche Details zur Software, weil es einfach die alltägliche Nutzung mühsamer macht. Insofern: Wer sich einen günstigen Fire-TV-Stick kaufen will, der sollte lieber zum regulären Modell greifen, das ohnehin nur ein paar Euro mehr kostet – dafür aber eine brauchbare Fernbedienung hat. (Andreas Proschofsky, 26.1.2021)