Anwalt Manfred Ainedter, der Karl-Heinz Grasser einst im Auto mit Wunschkennzeichen zur Einvernahme chauffierte, hat eine Disziplinaranzeige am Hals.

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Wien – Die Reaktion auf das – nicht rechtskräftige – Urteil gegen Karl-Heinz Grasser in der Causa Buwog beschert Grassers Strafverteidiger Manfred Ainedter Ungemach. Bei der Wiener Anwaltskammer sind jedenfalls zwei Disziplinaranzeigen gegen Ainedter eingelangt, eine stammt vom Urteilstag, Freitag, 4. Dezember, zwei Tage später folgte eine Nachtragsanzeige. Ainedter habe Ehre und Ansehen des Standes verletzt, heißt es darin.

Ainedter, wie sein Mandant "völlig überrascht vom Urteil" von acht Jahren Haft, gab gleich nach der Urteilsverkündung im Wiener Straflandesgericht Stellungnahmen vor den Medienvertretern ab. Wie berichtet kritisiert er nicht nur das Urteil, das Grasser bekämpfen wird, sondern auch die Vorsitzende des Schöffensenats, Marion Hohenecker, scharf.

Die Verteidigung Grassers hält die Richterin für befangen, weil ihr Ehemann vor Prozessbeginn Grasser-kritische Tweets veröffentlicht hatte. Für vier davon wurde Strafrichter Manfred Hohenecker vom Obersten Gerichtshof zu einer Disziplinarstrafe verdonnert. In dem Zusammenhang sprach Ainedter beispielsweise von der "linken Familie" Hoheneckers, was deren Gedankengut betreffe.

Richterin als faul beleidigt?

In der Disziplinaranzeige geht es um zwei Statements Ainedters. Das erste tätigte er vor laufenden Kameras, als er das Gerichtsgebäude mit Grasser verließ: "Man glaubt ja, wir sind da völlig sinnlos gesessen die letzten drei Jahre. Daher, das hat ja mit den Beweisergebnissen nichts zu tun. Sie hat die Anklage abgeschrieben, mehr oder minder. Ohne sich weiter den Kopf zu zerbrechen. Na, so geht's nicht", meinte er in Richtung Hohenecker.

In den Augen des Anzeigers beleidigte der Anwalt Hohenecker damit als unklug und faul. Zudem seien diese Äußerungen zur Irreführung des Publikums geeignet, unter anderem weil es als abnorm dargestellt werde, dass der abgeurteilte Sachverhalt (wenn er erwiesen werden kann) dem angeklagten Sachverhalt entspreche.

Rechtsanwalt Manfred Ainedter (rechts) kritisierte die – nicht rechtskräftige – Verurteilung Karl-Heinz Grassers scharf.
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Später trat der Verteidiger dann auch in der "ZiB Nacht" in ORF 1 auf. Auf einen Einwurf der Interviewerin, dass ein Richtersenat entschieden habe, reagierte Ainedter so: Ja, "aber letztlich, die Vorsitzende ist die Domina des Verfahrens und gibt die Linien vor".

Was ist eine Domina?

Der Anzeiger sieht darin eine "Beschimpfung" der Richterin. Zudem spiele der Anwalt "natürlich mit der Doppeldeutigkeit des lateinischen Wortes (Domina) – offensichtlich aber einzig und allein, um im Nachhinein abstreiten zu können, die Richterin als Prostituierte bezeichnet zu haben". Bei der Wortbedeutung abseits jener der Frau, die gegen Geld strenge Sexualpraktiken anbietet (Domina), bezieht sich der Anzeiger auf den verfahrensrechtlichen Begriff "dominus litis".

Diesen Begriff kenne der durchschnittliche Fernsehzuschauer aber nicht, meint der Anzeiger sinngemäß, der könne auch nicht Latein.

Ainedter sieht "unsinnige Vorwürfe"

Was sagt Ainedter zu diesen Vorwürfen, gegen die Standesregeln verstoßen zu haben? Die seien "unsinnig". Mit "Domina" habe er schlicht und einfach "Herrin bzw. Chefin" des Verfahrens gemeint, "mit einer Prostituierten hat das nichts zu tun". Und: "Diese Art der Kritik steht mir zu." Die Anzeige kenne er nicht, einem allfälligen Disziplinarverfahren sehe er mit Gelassenheit entgegen. Die Wiener Anwaltskammer muss die Anzeige nun prüfen.

Diese Disziplinaranzeige ist nicht die erste, mit der sich Ainedter im Rahmen des Buwog-Verfahrens konfrontiert sieht. Nachdem er in einer Verhandlungspause mit Schöffen gesprochen hatte, nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen ihn auf, das Verfahren wurde aber eingestellt. Schon in diesem Konnex gab es eine Disziplinaranzeige gegen ihn, sie wurde aber von der Kammer eingestellt, wie Ainedter selbst berichtet. (Renate Graber, 17.12.2020)