Bild nicht mehr verfügbar.

Der ungarische Premier Viktor Orbán eckt in der EU immer wieder an.

Foto: Reuters / John Thys

Mit einem wegweisenden Urteil hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg am Donnerstag wesentliche Teile des ungarischen Asylrechts gekippt. Die Praxis, im Land aufgegriffene irreguläre Migranten und Flüchtlinge über die Grenze nach Serbien zu zwingen (sogenannte Pushbacks), verstößt nach Erkenntnis der EU-Höchstrichter gegen das Asylrecht der Union.

Wie sie in dem Urteil (Rechtssache C-808/18) festhalten, ist es in der ungarischen Rechtsordnung nicht gewährleistet, dass Rückführungsbescheide einzeln erlassen werden und die Betroffenen eine Belehrung über Rechtsmittel bekommen. Das ungarische Helsinki-Komitee, das zahllosen Flüchtlingen und Migranten in Ungarn juristischen Beistand leistet, begrüßte die Entscheidung.

Der rechtspopulistische Regierungschef Viktor Orbán hatte im Herbst 2015 an der Grenze zu Serbien einen Grenzzaun errichten lassen. Verschiedene Novellen des ungarischen Asylrechts bewirkten, dass es für Flüchtlinge nahezu unmöglich wurde, in Ungarn einen Asylantrag zu stellen. Nach wie vor versuchen deshalb viele, mithilfe von Schleppern oder in Eigenregie den Zaun zu überwinden. Wen die Polizei danach im Land aufgreift, den bringt sie zurück zum Grenzzaun. In diesen sind sogenannte Funktionstore eingelassen, die für die Pushbacks geöffnet werden.

Zwischen Zaun und Grenze

Der Zaun steht nicht exakt an der Grenze, sondern um einige Meter landeinwärts versetzt. Einmal durch das Tor geschoben, das sich hinter ihnen wieder schließt, befinden sich die Betroffenen auf einem schmalen Streifen ungarischen Staatsgebiets ohne jede Infrastruktur, sodass sie keine andere Wahl haben, als sich – wiederum auf irreguläre Weise – nach Serbien zu begeben. Die Kommission hielt dies für EU-Recht-widrig, der EuGH folgte ihr darin in seinem Urteil.

Im Juni hatte der EuGH auch die ungarischen "Transitzonen" an der serbischen Grenze, in denen Schutzsuchende oft monatelang auf die Bearbeitung ihres Asylgesuchs warten mussten, für illegal erklärt. Orbán ließ diese umgehend schließen. (Gregor Mayer aus Budapest, 17.12.2020)