Der Verfassungsgerichtshof wurde wegen der Stadtratswahl in Mödling angerufen.

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Mödling – Darf ein Deutscher Stadtrat sein? Die niederösterreichische Gemeindeordnung hat eine eindeutige Antwort darauf: Nein, nur österreichische Staatsbürger dürfen in Stadtregierungen vertreten sein. Auch wenn Bürger aus EU-Staaten bei Gemeinderatswahlen wählen und gewählt werden dürfen. Der Mödlinger Neos-Gemeinderat Andreas Stock sah das als Diskriminierung und zog deshalb vor den Verfassungsgerichtshof (VfGH) – DER STANDARD berichtete.

"Hohes Maß an Verbundenheit zum Staat"

Dieser entschied nun: Es liege keine Diskriminierung vor. Das Unionsrecht sieht zwar vor, dass EU-Bürger in jenem Mitgliedsstaat, in dem sie ihren Wohnsitz haben, das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen ausüben dürfen. Diese Bestimmung beziehe sich jedoch nur auf unmittelbare Wahlen durch das Volk selbst, befand das Höchstgericht. Die Stadträte werden allerdings vom Gemeinderat ernannt.

Das Höchstgericht verwies auch darauf, dass die Funktion eines Stadtrats "teilweise über den eigenen (autonomen) Wirkungsbereich der Gemeinde hinausgehende Aufgaben umfasst". Diese Tatsache setze "ein hohes Maß an Verbundenheit seiner Mitglieder zum Staat" voraus.

Stock: "Schwer nachvollziehbar"

Stock ist enttäuscht: Der Entscheidung liege eine umstrittene EU-Richtlinie zugrunde, die der VfGH entgegen der Anregung Stocks nicht dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt hat, um von dort eine Rechtsprechung zu erhalten, die es derzeit nicht gebe. "Darüber hat sich der VfGH hinweggesetzt und selber das Europarecht ausgelegt. Die vom VfGH dabei vollzogene Interpretation ist für Europäer mit einem proeuropäischen Werteverständnis schwer nachvollziehbar, und die Begründung dazu ist rechtlich schwach", sagt Jurist Stock zum STANDARD.

Er und sein Team denken nun darüber nach, einen Schritt weiter zu gehen: "Wir haben jetzt die Möglichkeit, eine Beschwerde bei der EU-Kommission einzulegen, und werden uns überlegen, ob wir diesen Weg auch gehen werden." (sefe, APA, 17.12.2020)