Künstliche Intelligenz (KI) ist überall – und trotzdem fällt sie im Alltag kaum auf, und nur wenige Menschen verstehen, wie sie funktioniert. Wie sich in Österreich in Zukunft mehr Menschen für KI interessieren sollen und wie man ethische Fragen in Bezug auf KI löst, wurde am Donnerstag bei einem Roundtable von Fit4internet besprochen. Wirtschafts ministerin Margarete Schramböck, IBM -Österreich-Generaldirektorin Patricia Neumann und Clemens Wasner vom Verein AI Aus tria diskutierten mit STANDARD-Redakteur Philip Pramer.

Der wichtigste Punkt bei jeder Diskussion über KI ist für Schramböck, "dass sie zum Nutzen der Menschen eingesetzt wird". Große Einsatzbereiche sieht sie etwa in der Medizin, wo Algorithmen Ärzte bei der Diagnose unterstützen könnten. Auch in der öffentlichen Verwaltung sieht Schramböck Potenzial, einfachere Vorgänge könnten etwa über Chatbots abgewickelt werden. Es sei aber wichtig, menschliche Werte schon in der Entwicklung einfließen zu lassen.

Margarete Schramböck ist Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort.
Foto: Hartberger

Europa will ethische Grundsätze

Momentan hinkt Europa in Sachen KI anderen Ländern noch hinterher. Derzeit werden KI-Technologien vor allem von großen IT-Konzernen aus den Vereinigten Staaten und China entwickelt und vertrieben. Das könnte wohl auch an den dortigen vergleichsweise laxen Datenschutzstandards liegen. Schüren zusätzliche Regulierungen nicht die Gefahr, dass Europa von den USA und China über rundet wird?

Schramböck glaubt, dass eine auf den Menschen zentrierte Entwicklung von KI ein Standortvorteil für europäische Unternehmen sein könnte, vor allem in Nischen. "In Europa ist außerdem tendenziell die Datenqualität besser", sagt Clemens Wasner vom Verein AI Austria. Er erzählt von Forschungsprojekten im Medizinbereich, die in China oder den USA aufgrund uneinheitlicher Datenformate schwer oder gar nicht durchführbar wären. "Die i-Tüpfelchen-Reiterei, die man uns oft vorhält, ist hier eigentlich ein Vorteil", so Wasner. Er erinnert an die europäische Automobilindustrie: Immer wieder wurde sie totgesagt, letztlich adaptierte aber auch die Konkurrenz die europäischen Vor gaben.

Patricia Neumann ist Generaldirektorin von IBM Österreich.
Foto: Pepo Schuster

Schramböck will auch im Bereich der KI die EU-Standards zu Weltstandards machen. Bei der Festlegung von ethischen Grundsätzen sollte man einen "europäisch-amerikanischen Weg" gehen. "Wir teilen mit den USA ja mehr Werte als etwa mit China", sagt Schramböck.

Momentan stehen viele KI-Systemen aber noch kritisch gegenüber: Laut einer Umfrage des Weltwirtschaftsforums, die in 27 Ländern durchgeführt wurde, sind 41 Prozent der Befragten über den Einsatz von künstlicher Intelligenz besorgt. Das könnte möglicherweise auch an einem geringen Wissensstand beim Thema KI in der Bevölkerung liegen. Ein neues Onlineprogramm des Vereins Fit4internet, der von Schramböck ins Leben gerufen wurde, soll zu mehr KI-Wissen in Österreich beitragen.

Clemens Wasner ist Mitbegründer und Vorsitzender des Vereins AI Austria.
Foto: Clemens Wasner

"Die meisten Österreicherinnen und Österreicher kommen mit KI in Kontakt, ohne dass sie es merken", sagt Schramböck. Die Angst kommt von Science-Fiction-Klischees, die es aufzulösen gilt. Die drei Bestandteile KI-Quiz, KI-Check und KI-Lernmodul wurden zusammen mit Wirtschaft und Vereinen erarbeitet und sind kostenlos abrufbar. Neben der Zielgruppe der Zwölf- bis 14-Jährigen wendet sich das Angebot vor allem an Erwachsene. "Es ist ein Puzzleteil für mehr AI-Literacy in Österreich", sagt Patricia Neumann, die an dem Projekt beteiligt ist. In den Online-Einheiten soll sowohl auf Risiken als auch auf Chancen von KI-Anwendungen hingewiesen werden.

Vision 2030

Bis zum Jahr 2030 erwartet sich Neumann jedenfalls einen "Quantensprung", was das Knacken von natürlicher Sprache anbelangt. Auch in der ethischen Diskussion über KI-Technik werde man weiter sein. Schramböck hofft, dass in zehn Jahren dank KI ältere Menschen länger, gesünder und selbstbestimmter zu Hause leben können und dass künstliche Intelligenz für Klein- und Mittelbetriebe so zugänglich ist wie für große Unternehmen. (red, 17.12.2020)