Die "Unterstützung eines bewaffneten Konflikts war noch nie so dekorativ" titelt eines der Unesco-Anzeigensujets, das nach Intervention des Metropolitan Museums of Art überarbeitet werden musste: die ursprünglich in das Interieur "montierte" Grabskulptur (re.) war, entgegen der Texterläuterung, nicht in Palmyra (Syrien) vom IS gestohlen worden, sondern kam 1901 über einen Ankauf in den Bestand des Museums.

Foto: Unesco

So erbittert der Kampf gegen den illegalen Handel mit Kulturgütern von der Unesco geführt wird: Der lässt sich nicht verhindert, findet er doch auf dem Schwarzmarkt oder in Regionen ohne rechtliche Bestimmungen statt. Ein Argument leitete jedoch auf europäischer Ebene eine Wende punkto Verschärfungen ein: die Terrorismusfinanzierung.

Eine Behauptung, für die es bislang kaum Anhaltspunkte und keine Fallbeispiele gibt. Selbst der UN-Sicherheitsrat stellt eine systematische Terrorismusfinanzierung durch Kulturgut in Abrede. Die Unesco kümmert derlei, flapsig formuliert, reichlich wenig.

Als sie Mitte November den 50. Jahrestag ihrer Konvention zelebrierte, tat sie das mit einer Kampagne, in der falsche Zahlen und Angaben kommuniziert wurden: etwa zum vermeintlichen Handelsvolumen, das mit zehn Milliarden Dollar beziffert wird. Noch 2017 gestanden Interpol und auch die Unesco ein, dass es keine verlässliche Schätzung gebe, da die Größe des illegalen Markts unbekannt sei.

Museumsgut als gestohlen deklariert

Den Vogel schoss die Unesco jedoch mit ihrer von DDB Paris entwickelten Anzeigenkampagne ab: In schicken Interieurs platzierte man mit einem Bildbearbeitungsprogramm Objekte mit vermeintlich problematischer Herkunft. Die "Unterstützung eines bewaffneten Konflikts war noch nie so dekorativ", titelt eines dieser Sujets, das eine Grabskulptur zeigt, die im Nationalmuseum von Palmyra von IS-Kämpfern gestohlen und in den europäischen Markt geschmuggelt worden sei.

Tatsächlich befindet sich das Objekt seit 1901 im Bestand des Metropolitan Museum of Art (New York). Die Agentur hatte sich – wie für zwei weitere Sujets auch – einfach der Bilddatenbank des Museums bedient, wie das Branchenmagazin "The Art Newspaper" aufdeckte. Erst als das Museum intervenierte, wurden die Anzeigen überarbeitet und andere Objekte hineinmontiert. Eine Werbekampagne sei keine Doktorarbeit für die Universität, erklärte ein Unesco-Sprecher die Panne.

"Wie löscht man eine ganze Kultur aus?": Im Text verweist die Unesco darauf, dass "dieses afrikanische Kunstobjekt" bei Kämpfen "nach der Wahlkrise 2010-2011" in Abidjan "geplündert" worden wäre. Die ursprüngliche Anzeige zeigte eine Maske, die 1954 von einem US-Sammler erworben wurde, 2015 kam sie in den Bestand des Metropolitan Museums of Art. Laut Unesco wollte man die Öffentlichkeit alarmieren, dass sich Objekte von hohem kulturellem Wert in Privatbesitz statt in Museen befände.
Foto: Unesco

Transportstopp einer römischen Bronze

Abseits solcher Scharmützel muss sich der legale Kunsthandel in Europa mit Auswüchsen herumschlagen, die sich aus der freien Interpretation gesetzlicher Bestimmungen durch übereifrige Kulturgutjäger ergeben, wie ein aktueller Fall zeigt. Mitte Oktober ersteigerte der in Wien ansässige Antikenhändler Christoph Bacher bei einem US-amerikanischen Auktionshaus ein römisches Artefakt: genauer die kleine bronzene Büste eines Herkules, datiert in das 2. Jahrhundert, die ein Amerikaner zuvor 2011 bei einer Auktion bei Christie’s in Paris erworben hatte.

Den deutschen Zollbehörden war diese Ware nicht geheuer. Auf dem Transport nach Wien wurde Herkules am Flughafen Köln "angehalten" und eine "Klärung durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft" in Düsseldorf veranlasst. Wie Bacher von einem Fedex-Mitarbeiter erfuhr, stützte man sich dabei auf das seit 2016 in Deutschland gültige Kulturgutschutzgesetz. Bestätigt wurde das in der Korrespondenz mit der Mitarbeiterin des Kulturministeriums, die punkto Bearbeitung eine lange Wartezeit in Aussicht stellte.

Neue EU-Verordnung

Bachers Frage, warum Transitgut wie eine Einfuhr behandelt werde und deshalb dem deutschen Gesetz unterliege, wollte niemand schlüssig beantworten. Er beauftragte einen Rechtsanwalt, der beim Verwaltungsgericht in Düsseldorf eine einstweilige Verfügung beantragte. Das Ergebnis kam prompt und war eindeutig: "Die Anhaltung war rechtswidrig", erklärt Rechtsanwalt Markus Menzendorff. Der Herkules ist mittlerweile in Wien eingetroffen.

Die kleine (14 cm x 12 cm)römische Bronzebüste eines Herkules (2. Jhd.), die Christoph Bacher im Oktober bei Artemis Gallery ersteigerte, wurde auf dem Transport Richtung Wien am Flughafen Köln/Bonn vom deutschen Zoll angehalten.
Foto: CB Gallery

Ende Dezember tritt in Europa die nächste Verordnung in Kraft, die nun die Verbringung und Einfuhr von Kulturgut regelt, das in Drittstaaten "geschaffen oder entdeckt" wurde (siehe unten "Alte und neue Verordnungen"). Ein antikes römisches Objekt wäre davon nicht betroffen, ein vergleichbares aus Ägypten sehr wohl. Wie sich die Behörden in Deutschland künftig bei Transitgut verhalten werden?

Das sei ganz klar geregelt, betont Gerhard Marosi, der im heimischen Finanzministerium zuständige Fachmann: "Bei der Kontrolle eines Transports mit Zielland in einem anderen Mitgliedsstaat erfolgt eine allfällige Prüfung durch die zuständigen Behörden nur auf Basis der EU-Verordnung", nicht jedoch auf Basis allfälliger nationaler Bestimmungen. Nachsatz: "Das gilt so in allen Mitgliedsstaaten." (Olga Kronsteiner, ALBUM, 19.12.2020)