Weihnachtszeit ist vielerorts Wurstzeit. Das liegt daran, dass in der schlechten alten Zeit zu Beginn des Winters das erste (und oft einzige) Mal im Jahr geschlachtet wurde und jene frohen Wochen begannen, in denen es frisches Fleisch gab. Die Wurst, heute oft zur Billigware degradiert, war einst ein Festessen.

Dass sie immer noch eines sein kann, weiß jeder, der einmal eine richtig gute, frische Wurst kosten durfte. Kesselheiß kann sie nämlich zu den großen kulinarischen Freuden dieser Welt gehören.

Außer frisch muss sie natürlich gut – soll heißen: mit Liebe und Hingabe und handwerklichem Können – gemacht sein. Einer, der diese hohe Kunst des Wurstens beherrscht, ist der Hansi Pfaller, Schweineflüsterer aus Parndorf. Er hält etwa 70 glückliche Strohschweine auf seinem Hof, die er mit selbstangebautem Biofutter mästet. Einmal im Monat wird abgestochen und gewurstet.

Foto: Tobias Müller

Hansi ist ein herrlich altmodischer Handwerker. Er will nichts besonders machen, bloß seine Sache richtig gut. Seine Würste sind immer köstlich, aber frisch und noch kessel-(bzw. ofen-)warm sind sie eine Offenbarung. Mein Favorit ist die frische Blunze: unverfroren üppig, schmeichelnd cremig, zart süß, leicht herb und selbstbewusst schweinisch.

Es ist schon einige Monate her, dass ich sie das letzte Mal ganz frisch genießen durfte. Ich habe damals Kren, Krenreibe und Brot eingepackt und ihn mit meinem australischen Schwager beim Wursten besucht – weil auch der Schwager seit dem ersten Besuch vor ein paar Jahren der Pfaller'schen Blunze hoffnungslos verfallen ist.

Wir haben nicht nur Wurst (und Leberkäse) geschlemmt, sondern auch Fotos gemacht und nach seinem Rezept gefragt. Kurz vor Weihnachten scheint mir der ideale Zeitpunkt dafür, sie hier zu teilen: als Erinnerung daran, wie super Schlachtfeste sein können, und in Vorfreude darauf, wenn sie wieder möglich sind. (Bis dahin bietet Max Stiegl – Disclaimer: lieber Freund – etwa seine Sautanzbox für zu Hause an.)

Blunze machen mit Hansi Pfaller

Die Pfaller'sche Blunze enthält eine ganze Reihe guter Dinge: Lungen und Zungen, Kopffleisch und jede Menge Schwarte. Wie im Burgenland üblich, ist auch die "Kette" stets mit dabei, die Schweinezitzen. All diese Köstlichkeiten werden faschiert und dann mit Semmelwürfeln gemischt – "nach Gefühl", sagt Hansi, aber etwa 15 Prozent des Fleischgewichts.

Foto: Tobias Müller

Fleisch und Schwarten werden ordentlich weich gekocht und faschiert. Dann wird die Masse mit dem Schwartenkochwasser ordentlich eingeweicht und durchgemischt – der Hansi macht das mit den Händen, weil er das immer schon so gemacht hat und es sich ziemlich gut anfühlt.

Erst jetzt kommt das Blut, für die namensgebende Zutat in recht bescheidenen Mengen: Auf eine Badewanne Schwein und Semmeln mischt Hansi einen Kübel frisches Blut. Es ist faszinierend zu sehen, wie schnell und nachhaltig diese kleine Menge die Masse tief burgunderrot färbt.

Foto: Tobias Müller

Wieder wird per Hand gerührt und geknetet, dann kommt ein Schippel Röstzwiebeln, etwas Salz und ordentlich Majoran hinein, bevor erneut ordentlich durchgerührt wird. Am Ende sollte eine einigermaßen homogene Masse entstanden sein.

Foto: Tobias Müller

Per Wurstspritze wird die dann in die Därme gepresst. (Unnützes Blutwurst-Wissen: Die Blutwurst, die in den Enddarm gefüllt wird, wurde wegen ihrer stolzen Dicke traditionell "Herrenblunzn" genannt.)

Foto: Tobias Müller

Die fertig gefüllten Därme werden nach gewünschter Länge abgebunden und geteilt, dann darf die Blunze in heißem, nicht kochendem Wasser gar ziehen – beim Hansi Pfaller in jenem Wasser, in dem zuvor die Press- und die Leberwürste ziehen durften, das gibt noch einmal mehr Geschmack (in der schlechten alten Zeit wurde dieses Wasser nach den Schlachtfesten oft an die Armen des Dorfes verteilt).

Foto: Tobias Müller

Jetzt ist der große Moment gekommen, sie zu verspeisen. Schneiden Sie Brot, zücken Sie die Krenreibe, und löffeln Sie das pure Glück warm aus dem Darm.

Foto: Tobias Müller

(Tobias Müller, 20.12.2020)

PS: Der nächste Pfaller'sche Ab-Hof-Verkauf findet wohl im Jänner statt. Frische Blunze gibt's dabei aber nicht zu kosten. Menschen ohne Fleischer-Freunde müssen sich leider gedulden, bis kommendes Jahr die Schlachtfeste hoffentlich wieder möglich sind.