Die von Lockdown-Maßnahmen vergleichsweise wenig beeinträchtigte Industrie wurde im Krisenjahr zum wichtigen Konjunkturanker in Österreich.

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Die Industriellenvereinigung (IV) rechnet mit einem kräftigen Konjunkturaufschwung im kommenden Jahr; laut ihrer aktuellen Prognose wird Österreichs Wirtschaft zunächst heuer um acht Prozent schrumpfen. Nächstes Jahr dürfte die Wirtschaftsleistung um über fünf Prozent anziehen. "Wir könnten ein Wachstum erleben wie seit zwanzig bis vierzig Jahren nicht mehr", sagte IV-Präsident Georg Knill am Freitag.

Damit zeigt sich die Industrie gleichzeitig optimistischer für das kommende Jahr und pessimistischer für das laufende Jahr als die meisten einschlägigen Prognosen. Sollte 2021 einen mehrwöchigen harten Lockdown bringen, rechnet das Wifo etwa nur mit einem Wachstum von 2,5 Prozent. Zuletzt wurde kolportiert, dass ein Lockdown nach Weihnachen bis zum 18. Jänner dauern soll.

Dass ein neuerlicher harter Lockdown nach Weihnachten bis zum 18. Jänner anstehen dürfte, sieht IV-Präsident Knill nicht als Gefahr für den starken Aufschwung im restlichen Jahr. "Selbst wenn ein Lockdown den ganzen Jänner beträfe, würden wir nur leicht unter die fünf Prozent fallen", sagt Knill im Gespräch mit dem STANDARD. Für seinen Optimismus nennt er gleich vier Gründe:

Eine Impfung steht bekanntermaßen kurz vor der Zulassung in der EU. Das dürfte die Pandemie entschärfen und die Wirtschaft entlasten.

Außerdem haben die Österreicher in dieser schwierigen Zeit viel zur Seite gelegt. Die Sparquote ist von sieben auf 14 Prozent angestiegen. Wenn die Menschen im nächsten Jahr auf ihr zusätzlich Erspartes zurückgreifen, dürfte der Konsum ein starker Wirtschaftstreiber werden.

Als drittes Argument für ein Boom-Jahr 2021 nennt Knill die Investitionsprämie der Regierung. Rund 60.000 Anträge seien eingegangen, damit würden 30 Milliarden Euro an Investitionen angestoßen.

Schließlich sorgt der Regierungswechsel in den Vereinigten Staaten für Zuversicht. Auch wenn endlich Klarheit über den Brexit herrscht, freuen sich Unternehmen.

Industriemitarbeiter rasch impfen

IV-Chef Knill hofft, dass die Mitarbeiter in der Industrie möglichst bald geimpft werden können. Regelmäßig werde die Belegschaft auf freiwilliger Basis durchgetestet. Die Akzeptanz sei sehr hoch, auch die Nachfrage nach der Impfung dürfte substanziell sein, schätzt Knill.

Dass Arbeitgeber eine Impfung verpflichtend machen, sei für Knill nicht das Thema. "Ich vermute, dass wir alle bald eine Impfung nachweisen müssen, wenn wir in ein Flugzeug steigen oder in ein Lokal gehen." Damit wäre eine breite Durchimpfungsrate zu erwarten.

Mit Schulden leben lernen

Dass sich der Staat in ein Rekorddefizit stürzt, sieht Knill gelassener als so mancher seiner Vorgänger. Nur die Zeche zahlen will die Industrie nicht allein. Dezidiert lehnt die IV neue Vermögenssteuern ab, die letztendlich die Unternehmen treffen würden. Alle Fördermaßnahmen zielten ja darauf ab, die Unternehmen heil durch die Krise zu bringen, argumentiert Knill. Neue steuerliche Belastungen würden den Anschub wieder zunichtemachen. Stattdessen pocht die IV auf die von der Regierung ursprünglich angedachte Senkung der Körperschaftssteuer.

Wie man das Budgetloch denn stopfen solle? Über stabiles Wachstum auf mehrere Jahre betrachtet ließe sich Schuldenquote reduzieren, schätzt die IV. Damit stimmen die Industrievertreter mit der jüngsten Analyse des Fiskalrats überein: Dieser zufolge wäre aber selbst ohne Neuverschuldung und mit stabilem Wachstum das heuer angehäufte Defizit erst gegen 2030 verdaut. (Leopold Stefan, 18.12.2020)