Das Image der dualen Ausbildung bei Schülern, Lehrern und Eltern bleibt überschaubar.

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Über die Jahreswechsel gibt es eine Konstante. Das Image der dualen Ausbildung bei Schülern, Lehrern und Eltern bleibt überschaubar. Vor allem die beiden letzten Gruppen suchen in diesen Zeiten noch stärker nach Sicherheit für den Lebensweg ihrer Kinder. Deshalb wird mit unterschiedlichsten Kampagnen auch weiterhin versucht, die Vorzüge einer Lehre aufzuzeigen. Um mittels kreativer Sujets Lust auf eine Ausbildung zu machen.

Mein 15-jähriger "Testpilot" zu Hause und seine Freunde verstehen dann aber kein Wort. Ja, die Geschichte mit den Gründungen in der Garage ist natürlich allen Computernerds bekannt. Aber wie viele Eltern sehnen sich danach, dass ihr Kind nächtelang in der Garage herumbastelt? Den Slogan "Eine Lehre, die sich auszahlt" mit einem retroschicken Arbeitsplatz zu verbinden, erzeugt vielleicht ein Bild im Unterbewusstsein, das nicht beabsichtigt ist. Außer man kennt die Lebensgeschichten der Herren Hewlett und Packard, Steve Jobs und Bill Gates.

Es geht mir nicht darum, ein einzelnes Beispiel madig zu machen, dieses ist nur gerade aktuell. Ich könnte genauso gut die Kinospots der chemischen Industrie hernehmen oder auch so manche Kampagne einzelner Unternehmen. Worum es mir geht, ist die Frage, warum all diese kreativen und innovativen Formate offenbar die Lehrlingszahlen nicht ausreichend ansteigen lassen. Die Absicht dahinter ist sicher immer eine gute.

Klare Botschaften statt leerer Versprechen

Man will natürlich cool und lässig sein, um die Jugend zu erreichen. Und Agenturen haben halt ihre Vorstellung, wie cool und lässig aussieht. Aber sind das wirklich Attribute, die reflektierte Jugendliche suchen? Wollen wir Bewerber, die zu uns kommen, weil wir ihnen einen flippigen Arbeitsplatz versprechen? Den können wir an den meisten Tagen im Alltag gar nicht bieten. Und dann sind da noch die Eltern, was halten die wohl von einem Zugang, der cool und lässig ist, nach zwanzig Jahren realer Berufserfahrung? Wie lange vertiefen sich Eltern wohl in eine Anzeige für eine Lehrstelle, um den künstlerisch kreativen Ansatz zu entschlüsseln?

Ähnliches gilt für Wettbewerbe, die das Interesse an einer Lehre steigern sollen, wie beispielsweise "Amuse Bouche". Den Bewerb kennen Sie doch sicher, verehrte Leserin, verehrter Leser? Falls ja, dann sind Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Topgastronomie beschäftigt. Denn außerhalb derselben habe ich kaum jemand gefunden, der von dieser Initiative je gehört hat. Was schade ist, denn es ist ein wirklich toller Wettbewerb der besten Lehrlinge in Küche und Service.

Auch die Wahrnehmung von Wettbewerben wie den Euro Skills oder gar World Skills ist innerhalb der teilnehmenden Betriebe und der Organisatoren enorm. Außerhalb dieser Kreise wissen die wenigsten von den vielen Topleistungen unserer Teilnehmer oder schlicht nur von der Existenz dieser Bewerbe. Selbst meine Frau war überrascht, als ich die Schlusszeremonie von den World Skills in Abu Dhabi verfolgt habe. Bis dahin war ihr nicht bekannt, dass es eine Weltmeisterschaft der Berufe gibt.

Die richtige Zielgruppe ansprechen

Das Zauberwort für all unsere Bemühungen lautet Community. Egal was wir planen, denken und tun: Am Ende geht es ausschließlich darum, wie wir es zu Schülern, Lehrern und Eltern transportieren. Es ist wie beim Angeln, der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Unsere Fische wollen neugierig gemacht werden, sie müssen im reißenden Strom der Informationsflut die Information rasch wahrnehmen und dann behutsam zum Ufer gebracht werden. Einfache Botschaften sind dabei jedem kreativen Ansatz überlegen.

In der Schweiz gibt es Slogans wie "Top Lohn – sichere Zukunft – starkes Team" oder "Die Zukunft Ihrer Kinder ist Ihnen wichtig – uns auch". Dies Erstinformation hat den Zweck, dass sich Eltern näher informieren. Denn gerade bei minderjährigen Bewerbern sind die Eltern immer noch die wichtigste Zielgruppe. Wenn wir es schaffen, sie auf uns aufmerksam zu machen, dann haben wir fast schon gewonnen. (Robert Frasch, 22.12.2020)