Wie lange der böse Geist noch in den Fußballstadien verharrt und Emotionen absagt, ist völlig ungewiss.

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Ebenbauer (45) ist seit 2008 im Vorstand der Liga, seit 2018 Vorsitzender.

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Die Lage, sagt Christian Ebenbauer, der Vorstandsvorsitzende der Fußball-Bundesliga, "ist den Umständen entsprechend stabil". Die Vereine haben ihre Geschäftsberichte abgegeben, die nackten Zahlen können, müssen aber nicht trügen. Fakt ist: Die Wiener Austria hat ein Minus von knapp 19 Millionen Euro, zudem weist sie Verbindlichkeiten von 78 Millionen aus. Ebenbauer: "Es ist der Ausreißer nach unten. Ich kann nur hoffen, dass die Austria die Situation stemmt, im besten Fall ohne Insolvenz." Man müsse bei wirtschaftlichen Schieflagen differenzieren. "Liegen sie ausschließlich an Covid oder nicht. Ein Urteil über die Austria will und kann ich nicht abgeben."

Generell wurde Corona halbwegs abgefedert. Durch den Fördertopf der Bundesregierung (bisher 8,5 Millionen Euro), die Kurzarbeit, zudem zeigten sich Sponsoren solidarisch. Wobei Ebenbauer befürchtet, "dass wir die wahren Auswirkungen der Pandemie erst in zwei oder drei Jahren spüren." Möglicherweise herrsche die "Ruhe vor dem Sturm. Ich hoffe, dass er nur ein Lüfterl wird. Kommt die Hurrikansaison, oder kommt sie nicht?" Er könne diese Frage nicht seriös beantworten. "Jeder Tag bringt etwas Neues." Derzeit warten alle, ob der europäische Verband Uefa die wirtschaftlichen Lizenzkriterien im Europacup auch für die Saison 2021/22 aussetzen wird. Die Austria hätte in dem Fall mehr Zeit, aufzuräumen, eine Lösung zu finden. Ebenbauer geht davon aus, "dass das Spiel ‚Mühle auf, Mühle zu‘ weitergeht".

Chancengleichheit

Die Vorsaison sei ab dem Frühjahr ein Hindernislauf gewesen. "In einer Phase, in der niemand an Sport gedacht hat, haben wir den Trainings- und Spielbetrieb wieder aufgenommen." Das Präventionskonzept hat funktioniert, funktioniert immer noch. Es wird getestet und getestet, der Hindernislauf geht weiter. Lediglich beim Wolfsberger AC hatte sich ein größerer Cluster gebildet. Ein Match, jenes gegen Sturm Graz, musste abgesagt und auf den 17. Jänner verschoben werden. "In anderen Ligen schaut das ganz anders aus, bei uns gibt es keine Wettbewerbsverzerrung, die Chancengleichheit ist ziemlich gewährleistet."

Corona kostete den Profifußball ungefähr 70 Arbeitsplätze für Spieler, wobei die Hälfte davon auf den Konkurs von Mattersburg zurückzuführen war. Commerzialbank und Covid sind eindeutig voneinander zu trennen. "Mattersburg liegt mir immer noch im Magen." Die Klubs der ersten und zweiten Liga haben im Schnitt 1,3 weniger Profis im Kader, die Arbeitslosigkeit steigt in anderen Branchen dramatischer an. Vorerst. Ebenbauer: "Das Gebilde bleibt wegen Corona fragil, ein Dominoeffekt droht." Anders ausgedrückt: Ein Unternehmen, das gestern und heute in den Fußball investiert, kann morgen oder übermorgen pleite sein.

Das Spiel lebt, diese Erkenntnis ist natürlich nicht legendär, von Emotionen. Corona hat sie ausgesperrt, die Stadien müssen leer bleiben. Aber da sich die Katze mitunter in den Schwanz beißt, sind Geisterspiele, so trist sie auch sein mögen, laut Ebenbauer "überlebenswichtig und alternativlos". Zur Abwechslung eine Frage, die nicht beantwortbar ist: "Wann dürfen wieder Zuschauer kommen? Jeder Tag ohne Fans bringt Verdrossenheit."

Gratulation

Zum Erfreulichen: Sportlich passt es, Red Bull Salzburg war während der Pandemie in der Gruppenphase der Champions League und bereichert nun gemeinsam mit dem WAC das Sechzehntelfinale der Europa League. Rapid und der LASK haben brav Punkte für die Fünfjahreswertung gesammelt. "Da kann man nur gratulieren." Die laufende Meisterschaft ist spannend, vorerst kein Solo für Salzburg, sondern ein Vierkampf an der Spitze. Am Wochenende steht die letzte Runde vor der kurzen Winterpause an. "Die Stadien wären in einer normalen Welt sehr voll, jetzt muss man mit dem Fernsehen vorliebnehmen."

Die Pyramide Fußball wankt. Der SV Lafnitz, souveräner Spitzenreiter der zweiten Liga, hat bekanntgegeben, nicht aufsteigen zu wollen, zu können. Es fehle an der Infrastruktur, das Einzugsgebiet sei zu klein. Ebenbauer: "Natürlich sollten sportliche Kriterien entscheiden. Aber ich finde diesen Realismus gut. Lafnitz weiß, wo die Grenzen sind." Das Problem sei freilich vielschichtiger. "Einen Aufsteiger ins Oberhaus wird man immer finden. Schwieriger wird es ab der zweiten bis zur letzten Liga. Es liegt am ÖFB, den Landesverbänden und der Bundesliga, eine Fußballpyramide zu schaffen, die für unser Land passt."

Es wird eine nächste Saison geben. Mit einem neuen Bewerbsponsor, Sportwettenanbieter löst Sportwettenanbieter ab, Admiral ersetzt nach sechs Jahren Tipico. Der Kalender platzt aus den Nähten, WM-Quali und EM stehen 2021 an. Am 16. Juli steigt die erste Cuprunde, eine Woche später startet die Admiral-Meisterschaft. "Hoffentlich in einer normalen Welt", sagt Ebenbauer. (Christian Hackl, 18.12.2020)