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In Deutschland stehen schon viele Impfzentren bereit – hier das in Stuttgart. Vakzine zum Verimpfen gibt es noch keine.

Foto: dpa / Marijan Murat

Wien/Berlin – Wie rasch sich die Corona-Lage in Österreich nach dem geplanten Impfstart am 27. Dezember entspannen könne, hänge großteils von der Impfbereitschaft der Bevölkerung ab, sagt Clemens Martin Auer, Corona-Sonderbeauftragter des Gesundheitsministeriums, im STANDARD-Gespräch.

Und zwar bereits ab Jänner, in den ersten Wochen der Immunisierungsaktion, in denen der Schwerpunkt auf Alten- und Pflegeheimen liegen wird: "Ein angstfreies und wieder normales Leben wird dort nur möglich sein, wenn sich die meisten Bewohner, Besucher und aufsuchenden Dienstleister wie Friseure impfen lassen."

Erster Impfdurchgang

All diesen Personengruppen werde im ersten Durchgang ein Impfangebot mit den im Jänner zugesagten 250.000 Dosen des Biontech/Pfizer-Vakzins gemacht, dessen Sonderzulassung in der EU für Montag erwartet wird. Die Sondergenehmigung für weitere Vakzine soll zeitnah folgen.

Auch nach dem Jänner werde der heimische Impfplan ablaufen wie ausgemacht, widersprach Auer Befürchtungen hinsichtlich einer Impfstoffknappheit, wie sie das Magazin "Der Spiegel" zuletzt für Deutschland geäußert hat. Im Februar sollten in Österreich 200.000 Dosen der Firma Moderna für das Verimpfen in Krankenanstalten und für Angehörige systemrelevanter Berufe zur Verfügung stehen.

Hausärzte kontaktieren über 65-Jährige

Gleichzeitig würden Hausärzte beginnen, "über 65-jährige Patienten und Angehörige von Risikogruppen gezielt zur Impfung" mit dem Impfstoff von Astra Zeneca "einzuladen". Ab März dann werde man mit den Vakzin-Kontingenten der Firma Astra Zeneca und anderer Anbieter "in die Breite gehen".

In Großbritannien und den USA wird schon mit dem Biontech/Pfizer-Stoff geimpft, Deutschland hingegen muss noch auf die EU-weite Zulassung warten. Es tauchte die Frage auf: Werden für Deutschland mit seinen 83 Millionen Einwohnern ausreichend Impfdosen vorhanden sein? Das Magazin bezweifelte dies.

Schwesig sorgt sich

Auch deutsche Politiker zeigten sich ungeduldig. "Ich mache mir Sorgen, ob der Impfstoff reicht. Wir müssen es wenigstens in einer ersten Runde schaffen, alle Pflegeheime abzusichern. Und deshalb ist es wichtig, dass jetzt auch genug Impfstoff kommt", sagte die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD).

"Beim Impfstoff brauchen wir mehr Tempo", mahnte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Es müsse "alles darauf ausgerichtet werden, mehr Impfstoff zu bekommen, der dann schneller verteilt wird".

Bald Überkapazitäten

Dem widersprach am Wochenende das deutsche Gesundheitsministerium. Man habe genug Impfstoff gesichert. Aus einer EU-weiten Bestellung würden nun von Biontech/Pfizer 55,8 Millionen statt der zunächst vorgesehenen 40 Millionen Dosen kommen. Zudem erwarte Deutschland 50,5 Millionen Dosen der Firma Moderna und habe außerdem mit Biontech eine "sichere Option" auf weitere 30 Millionen Dosen über einen nationalen Bezug vereinbart.

Insgesamt habe sich Deutschland damit 136,3 Millionen Dosen beider Firmen gesichert, die alle 2021 ausgeliefert werden dürften. Dies sei ausreichend für die sogenannte Herdenimmunität, bei der mindestens 60 Prozent der Bevölkerung geimpft werden müssen.

Angebot an alle Impfwilligen

Hinzu kämen Impfstoffe der Unternehmen Cure Vac, Astra Zeneca sowie Johnson & Johnson, gab das Ministerium bekannt. "Wir wollen jedem, der 2021 geimpft werden will, auch so bald wie möglich ein Impfangebot machen", sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

Den Pikser bekommen alle, die in Deutschland ihren Wohnsitz haben, die in Deutschland krankenversichert sind und Personen, die im Gesundheitswesen arbeiten, aber nicht in Deutschland wohnen. "Höchste Priorität" haben zunächst Personen, die älter als 80 Jahre sind, Bewohner und Betreuer in Pflegeheimen, Beschäftigte bei Pflegediensten sowie medizinisches Personal auf Intensivstationen, in Notaufnahmen, im Rettungsdienst und in Impfzentren.

Doppelt so viel

Insgesamt kommt Deutschland im kommenden Jahr damit auf 300 Millionen Impfstoffdosen. Das ist nicht ganz doppelt so viel, wie für eine je zweimalige Impfung aller 86 Millionen Deutschen benötigt wird.

Eine ähnliche Relation zwischen Bevölkerungszahl und Vakzinebestellungen gilt laut Auer, der gleichzeitig Co-Vorsitzender des Corona-Vakzine-Beschaffungsgremiums der EU ist, auch in der Union insgesamt: "Für 2021 wurden alles zusammen Verträge sowie Optionen auf eineinhalb Milliarden Vakzinedosen vereinbart. Die EU hat rund 446 Millionen Einwohner."

"Mehr als ausreichend" Vakzine

Auer rechnet vor: Neben 200 Millionen Dosen von Biontech/Pfizer seien für die EU 80 Millionen Dosen bei Moderna, 300 Millionen bei Astra Zeneca, 200 Millionen bei Johnson & Johnson, 225 bei Curevac, 100 Millionen bei Novamax und 300 Millionen Dosen bei Sanofi bestellt. Letztere seien derzeit fraglich, weil es bei der Sanofi-Impfstoffentwicklung Schwierigkeiten gegeben habe. Dennoch gelte: "Im Laufe des Jahres 2021 werden wir mehr als ausreichend Impfstoffe haben."

Bei Biontech/Pfizer und Moderna gebe es zudem weitere Bestelloptionen: 80 respektive 100 Millionen zusätzliche Impfstoffdosen, "die laut dem EU-weit geltenden vertraglichen Rahmen gemeinsam bestellt werden sollen".

Faire Preise

Nur wenn das nicht geschehe, seien nationale Alleingänge bei der Vakzinebeschaffung möglich: "Aber das ist unwahrscheinlich. Die Union will die Überkapazitäten an andere Länder weitergeben." (Irene Brickner, Birgit Baumann, 20.12.2020)