Bereits jetzt gelten laut österreichischem Außenministerium strenge Corona-Auflagen für Reisende aus Großbritannien.

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London/Brüssel/Wien – Nach der Entdeckung einer neuen Variante des Coronavirus auf den Britischen Inseln haben zahlreiche Länder Landeverbote für Flüge aus Großbritannien ausgesprochen. Darunter Österreich, wie Gesundheits- und Außenministerium am Sonntag bekanntgaben. Die Mutation sei um 70 Prozent ansteckender als die herkömmliche Variante, hieß es.

Eine entsprechende österreichische Verordnung trete am Dienstag, 22. Dezember 2020, um 0 Uhr in Kraft und ende mit Ablauf des 1. Jänner 2021. "Rasche Maßnahmen sind in dieser gefährlichen Situation das Gebot der Stunde", ließ Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) wissen. "Wir müssen mit allen Mitteln verhindern, dass diese gefährliche Virusmutation zu uns eingeschleppt wird", argumentierte Schallenberg in einer Mitteilung an die APA. "Wir haben Großbritannien bereits darüber informiert, dass wir zum Schutz unserer Bevölkerung diese einschneidende Maßnahme treffen müssen. Die Mutation zeigt die große Gefahr, die weiterhin von diesem Virus ausgeht."

In Italien festgestellt

Bereits aktuell gebe es strenge Auflagen, betonte das Gesundheitsministerium: Großbritannien wird als Staat mit erhöhtem Infektionsrisiko angesehen, weshalb für Einreisende eine Quarantänepflicht gilt. Ein Freitesten aus der zehntägigen Quarantäne ist frühestens nach dem fünften Tag möglich.

Die besonders in Südengland verbreitete Virusmutation wurde unterdessen erstmals auch bei einem Patienten in Italien festgestellt. Die neue Virusform wurde bei einem Patienten im Celio-Militärkrankenhaus in Rom nachgewiesen, wie das italienische Gesundheitsministerium mitteilte. Der Patient war demnach kürzlich aus Großbritannien zurückgekehrt und mit seiner Familie in Quarantäne. Außerhalb Großbritanniens waren zuvor elf Fälle der Virusmutation gemeldet worden – neun in Dänemark und je einer in den Niederlanden und Australien.

Krisentreffen am Montag

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Sonntag bereits mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sowie mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel über die Corona-Lage beraten. Am Montag kommen die EU-Botschafter der 27 Mitgliedsstaaten in Brüssel zu einem Krisentreffen zusammen. Nach Angaben eines EU-Vertreters wollen sie unter anderem über Flugverbote und eine Testpflicht für Reisende aus Großbritannien beraten.

Neben Österreich kappten auch andere EU-Staaten – darunter Deutschland, Frankreich, Belgien, Irland, Italien, Polen und die Niederlande – Flug- und teilweise auch Zugverbindungen nach Großbritannien. Der Hafen im südenglischen Dover wurde für ausreisende Passagiere geschlossen. Zur Begründung verwies die Hafenverwaltung auf die Einreisebeschränkungen in Frankreich.

Mutation in England "außer Kontrolle"

Auch zahlreiche außereuropäische Staaten stellten die Flugverbindungen mit Großbritannien ein, darunter Saudi-Arabien, der Iran, Kanada, Argentinien und Chile. In den USA wurden hingegen zunächst keine Maßnahmen im Reiseverkehr mit Großbritannien verkündet. Admiral Brett Giroir, der für das Corona-Testprogramm der Regierung verantwortlich ist, sagte im TV-Sender ABC, er halte die Einstellung des Flugverkehrs mit Großbritannien derzeit nicht für notwendig.

Die neue Virusmutation wird für einen starken Anstieg der Infektionszahlen im Süden Englands verantwortlich gemacht. Die britische Regierung warnte, die mutmaßlich ansteckendere Virusmutation in England sei "außer Kontrolle".

70 Prozent ansteckender

Premierminister Boris Johnson sagte, ersten Erkenntnissen zufolge sei die Mutation "bis zu 70 Prozent ansteckender" als die bisher verbreitete Form des Coronavirus. Sie führe aber wohl nicht zu schweren Krankheitsverläufen und einer höheren Sterblichkeit. Es gebe auch keine Hinweise darauf, dass die Wirksamkeit von Impfstoffen durch den neuen Virusstamm beeinträchtigt werde, versicherte Johnson.

In London und Südostengland trat wegen der neuen Virusvariante am Sonntag ein strenger Lockdown mit weitgehenden Ausgangsbeschränkungen in Kraft. Die britische Regierung will am Montag wegen der Corona-Lage zu einer Krisensitzung zusammenkommen. Dabei solle vor allem über den "stetigen Güterfluss" in und aus dem Vereinigten Königreich beraten werden, teilte ein Regierungssprecher mit. (APA, 21.12.2020)