Auch die päpstliche Weihnachtskrippe auf dem Petersplatz wirkt in diesem Jahr etwas unfroh – nicht unpassend in diesem von der Pandemie geprägten Jahr 2020.

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Der vor wenigen Tagen 84 Jahre alt gewordene Papst betont es immer wieder: "Den Weisungen der Behörden zur Eindämmung der Pandemie ist unbedingt Folge zu leisten." Franziskus ist mit gutem Vorbild vorangegangen: Zeitig hatte er angekündigt, die traditionelle Weihnachtsmesse im Petersdom von 22 auf 19.30 Uhr vorzuverlegen, um den (wenigen) zugelassenen Gläubigen eine Rückkehr nach Hause vor Beginn der nächtlichen Ausgangssperre um 22 Uhr zu erlauben. Diese gilt seit November in ganz Italien. Rom und alle anderen Städte des Landes erleben schon vor Heiligabend sehr stille Nächte, und das seit Wochen.

Die Mitternachtsmessen werden auf Weisung der italienischen Bischofskonferenz in diesem Jahr in ganz Italien spätestens um 20 Uhr beginnen, unter strenger Berücksichtigung der staatlich verordneten Protokolle bezüglich der Abstandsregeln. Um trotz der rigorosen Platzbeschränkungen in den Kirchen möglichst vielen Gläubigen den Besuch einer Weihnachtsmesse zu ermöglichen, erlauben die Bischöfe den Priestern, über die Festtage bis zu vier Messen täglich zu lesen – normalerweise gilt laut Kirchenrecht eine Höchstgrenze von drei Messen täglich.

Kein Bussi für das Baby

Selbstverständlich wird es untersagt sein, das Christkind in der Krippe zu küssen, wie es sonst in italienischen Weihnachtsmessen üblich ist. Auch die Weihwasserbehälter müssen leer sein – sicher ist sicher.

Die Auflagen für die religiösen Feiern erscheinen indes verkraftbar – viel schwerer fällt den geselligen und familienverrückten Italienern die Einhaltung der neuen Kontaktbeschränkungen. Die Regierung von Giuseppe Conte hat vergangene Woche verfügt, dass über die Feiertage die Grenzen der eigenen Wohngemeinde (abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen) nicht verlassen werden und dass zur familiären Weihnachtsfeier maximal zwei Personen zusätzlich zu Tisch gebeten werden dürfen.

Schlag gegen "cenone"

Das trifft den Kern, die Essenz der italienischen Weihnachten, nämlich den "cenone": das große Weihnachtsessen im erweiterten Familienkreis, zu dem – zu Hause oder im Restaurant – oft Dutzende von Sippenmitgliedern eingeladen werden. Der "cenone" ist damit dieses Jahr faktisch abgesagt.

Das schlägt aufs Gemüt. "Ein 'natale', an dem ich nicht zu meiner Familie nach Catania fahren kann, ist für mich kein richtiges 'natale'", sagt Alberto, der im römischen San-Giovanni-Quartier eine sizilianische Caffébar führt. Der 42-Jährige ist vor mehr als zehn Jahren nach Rom ausgewandert, doch seine Eltern, sein Bruder und seine beiden Schwestern leben in Sizilien.

Hunderttausende Süditaliener sind in diesen Tagen aus dem Norden in ihre Heimat zurückgekehrt, rechtzeitig vor Inkrafttreten des Reiseverbots zwischen den Regionen und Gemeinden. Alberto aber wollte seine Bar offen halten – er hatte wegen der Pandemie schon genug Umsatzeinbußen zu verkraften, besonders im Frühjahr. Seine einzige Hoffnung – und die von Millionen Italienern – ist nun die Impfkampagne, die auch in Italien in wenigen Tagen beginnen soll.

Krippe als Symbol

Zu einem Symbol für die gedrückte Stimmung ist – unbeabsichtigt – die große vatikanische Weihnachtskrippe auf dem Petersplatz geworden. Sie besteht nicht aus dem traditionellen Stall mit der Heiligen Familie, den Drei Königen, dem Ochsen und dem Esel, sondern aus einem Gerüst aus Stahl und Glas, einer modernen Bushaltestelle nicht unähnlich.

Unter dem Glasdach tummeln sich sonderbare Figuren, darunter ein Astronaut und ein düsterer Krieger mit Darth-Vader-Helm – die reinste Geisterbahn-Atmosphäre. Die futuristisch-bizarre Krippe hat selbst glühende Verehrer von Papst Franziskus irritiert und für eine intensive Polemik vor allem in den sozialen Medien gesorgt. Die Kommentare reichten von "absolut grauenvoll" bis zu "gotteslästerlich". Aber letztlich wirken die Figuren nicht unpassend in diesem "annus horribilis" mit über 60.000 Toten in Italien.

Hoffen auf Besinnung

Wenngleich die päpstliche Krippe keinen Trost spenden kann – Franziskus vermag der Pandemie und insbesondere den Anti-Covid-Maßnahmen dennoch etwas Positives abzugewinnen: Die gegenwärtigen Restriktionen könnten "ein bisschen die Weise reinigen, wie wir Weihnachten feiern", sagte er in seiner wöchentlichen Videoansprache am vergangenen Mittwoch. Denn wegen der Beschränkungen sei der Kauf von Geschenken und damit der "Konsumismus" erschwert worden. "Damit wird ein religiöseres, authentischeres und wahreres Fest möglich", hofft der Papst. (Dominik Straub aus Rom, 21.12.2020)