Die Kinder im Lager Kara Tepe sind erneut Thema im österreichischen Parlament.

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Elisabeth Hauser, die Geschäftsführerin von SOS Kinderdorf, ist sichtlich unglücklich darüber, dass ihre Organisation jetzt in den Sog einer politischen Debatte geraten ist. Die Idee, im Flüchtlingslager Kare Tepe auf Lesbos eine Kinderbetreuung einzurichten, wie Außenminister Alexander Schallenberg das am Wochenende angekündigt hatte, wird von der Opposition und selbst vom Koalitionspartner als PR-Gag abgestempelt. Hauser dagegen will das Projekt umsetzen. "Wir wollen uns nicht davon abhalten lassen, nur weil das Projekt möglicherweise von jemandem für sich instrumentalisiert wird", sagt sie.

Die Idee zu diesem Projekt kam von Wolfgang Rosam, der unter anderem eine PR-Agentur betreibt und den Bundeskanzler in PR-Fragen berät. Rosam sei an SOS Kinderdorf herangetreten und habe versichert, er würde sich um die Koordination mit dem Kanzleramt kümmern. Rosam bestätigt dies im Gespräch mit dem STANDARD. Das war im September. Dann habe niemand mehr von diesem Projekt gehört, weder Rosam noch SOS Kinderdorf.

Herzensangelegenheit oder PR-Gag

Vor wenigen Tagen meldete sich das Außenamt bei SOS Kinderdorf, man wolle das Projekt jetzt umsetzen. Plötzlich musste alles ganz schnell gehen. Dass es keine Genehmigung seitens der griechischen Behörden gibt, wurde zur Seite geschoben, Schallenberg hatte da schon seinen Auftritt in der Zeit im Bild. Der PR-Profi Rosam stellt entschieden in Abrede, dass es sich um einen PR-Gag handle, auch ihm sei das eine Herzensangelegenheit.

Für die SOS-Kinderdorf-Geschäftsführerin ist die Unterstützung durch die Regierung aus einem Grund wichtig: Allein würde man für das Projekt in Griechenland keine Genehmigung bekommen. Das Kanzleramt in Wien könne helfen.

In einem anderen Lager auf Lesbos, das nicht dem Militär untersteht, wie das bei Kara Tepe der Fall ist, gibt es eine solche Einrichtung. Die Kinder würden betreut und unterrichtet, "man hilft ihnen, die Situation auszuhalten", sagt Hauser. Ein solches Tageszentrum könnte man ganz rasch in Kara Tepe hochziehen. Lieber wäre auch ihr, die Kinder in Österreich zu betreuen. "Wir haben sofort 50 Plätze bereit", sagt sie. Aber das sei derzeit nicht möglich – aus bekannten Gründen.

Schwarze Zwischenrufe

Innerhalb der ÖVP mehren sich jetzt die Stimmen, die die ablehnende Haltung der türkisen Bundespartei nicht im Einklang mit einer christlich-sozialen Haltung sehen. So kritisiert etwa Bernhard Ruf, ÖVP-Bürgermeister im oberösterreichischen Bad Hall, dass der Kurs "zu restriktiv" sei. Wohl aber sieht Ruf das Problem auf EU-Ebene: "Man schafft es über Jahre nicht, ein menschenwürdiges Flüchtlingslager zu organisieren." Auf der Ebene der schwarzen Landeschefs gibt es derzeit kein Einlenken.

Im Parlament wurde am Montag über einen Antrag der SPÖ abgestimmt, Kinder aus dem Lager auf Lesbos aufzunehmen. Und wieder stimmten die Grünen aus Koalitionsräson dagegen – gemeinsam mit ÖVP und FPÖ. (mro, ruep, völ, 21.12.2020)