Das Gwirks in der burgenländischen FPÖ geht munter weiter. Aus der einen – im Jänner ohnehin von stolzen 15 auf 9,8 Prozent reduzierten – Partei sind tendenziell schon mindestens zwei geworden, die sich bis zur Undurchschaubarkeit ineinander verstrickt haben. Da die Freiheitlichen diesbezüglich aber eine schmerzlich reiche Erfahrung haben, gilt das Wort "Spaltung" als Tabuwort.
Ein Insider sagt es – eher sich und den Seinen als dem STANDARD – so: "Der Weg von Abspaltungen ist vorbestimmt, schon allein deswegen wird es keine geben." Wäre man Blauer, müsste man beten: "Dein Wort in Gottes Ohr!"
Der pannonisch blaue Streit dreht sich im Wesentlichen um ... hm ... na ja ...
Vorspiel
Bei der Landtagswahl Ende Jänner wurde die FPÖ um zwei Regierungssitze, zwei Mandate und einen Sitz im Landtagspräsidium verkleinert. Johann Tschürtz, Langzeitobmann und gewesener Landeshauptmannstellvertreter, zog sich auf den Klubobmannsessel zurück, den bis dahin Géza Molnár besetzt gehalten hat. Der bisherige Wirtschaftslandesrat Alexander Petschnig wollte Nachfolger von Tschürtz werden. Manfred Haidinger, der sein Mandat verloren hatte, hielt dagegen.
Alexander Petschnig zog dann zugunsten von Bundesparteichef Norbert Hofer zurück. Der übernahm im März mit 75,8 Prozent Zustimmung den Landesladen.
Und schloss gleich einmal Manfred Haidinger aus, weil der sich durch Verbreitung von Interna parteischädigend verhalten habe. Haidinger berief.
Zwischenspiel
Es kam Lockdown, dann Sommer, dann wieder Lockdown. Das Hauen und Stechen, das Munkeln und Nadern, das Sticheln und Fraktionieren ging weiter. Norbert Hofer – in Wien ohnehin beschäftigt, die sieben Zwetschken samt ihrem Lautsprecher, Herbert Kickl, zusammenzuhalten – hatte bald genug von den Streithanseln in seiner Heimatlandesgruppe. Und haute den Obmannhut drauf.
Im November ritterten dann Alexander Petschnig und Géza Molnár bei einem außerordentlichen Parteitag gegeneinander. Petschnig obsiegte. Im Vorfeld hatte der Landesparteivorstand getagt und den Ausschluss von Manfred Haidinger durch Norbert Hofer für nichtig erklärt.
Géza Molnár zog sich in die innere Emigration zurück. Klubobmann Johann Tschürtz sagt: "Er lässt sich im Klub nicht anschauen."
Hauptspiel
Am vergangenen Samstag nun tagte der Landesparteivorstand. Zehn Funktionäre – darunter Géza Molnár – brachten einen Misstrauensantrag gegen Alexander Petschnig ein. Der habe nämlich, so schrieb es Konstantin Langhans, der Landeschef des Rings Freiheitlicher Jugend (RFJ), in einem offenen Brief, die RFJ hochkant aus der Geschäftsstelle geworfen.
Petschnig erklärte, das sei unrichtig.
Der Misstrauensantrag wurde einstimmig abgelehnt. Von der einbringenden Seite heißt es, es seien den Obleuten mehrerer Vorfeldorganisationen – vom RFS über die freiheitliche Gewerkschaftsfraktion AUF, die freiheitlichen Senioren und Gemeindevertreter bis zur Initiative Freiheitliche Frauen – das Stimmrecht im Vorstand aberkannt worden.
Das freilich sei unrichtig, stellte Petschnig das am Montag in Abrede. Die Stimmrechtsaberkennung sei vielmehr bereits 2018 erfolgt. Und zwar einstimmig.
Satyrspiel
Ach ja: Manfred Haidinger, dessen Ausschluss durch Norbert Hofer vom Landesparteivorstand im November für nichtig erklärt wurde, wurde vom Landesparteivorstand nun wieder ausgeschlossen.
Der hat aber erwartungsgemäß schon angekündigt, gegen die Nichtigkeitserklärung der Nichtigkeitserklärung Nichtigkeitsbeschwerde einlegen zu wollen. Obmann Alexander Petschnig sagt, das stehe ihm zu. Aber falls ihn wer frage: Er finde es "verdrießlich, sich mit sowas beschäftigen zu müssen".
Tatsächlich erschließt sich selbst Insidern nicht ganz, was in die burgenländische FPÖ – im Jänner noch Regierungspartei – gefahren ist. Neutrale Beobachter vermuten irgendwas Tarantelloides, das die Teilnehmer in einen wenig beschaulichen Veitstanz treibt.
Zuspiel
Gewiss, Gründe dafür gibt es einige: verletzte Eitelkeiten, verlorene Pfründe, mag sein, auch fehlende politische Perspektiven. Ein Richtungsstreit gar? Möglich.
Die Fraktion um Géza Molnár gilt als die ideologisch bewegte, nahe auch – oder vor allem – den Burschenschaften und dem identitären Saum, von dem wegzukommen der FPÖ nicht und nicht gelingen mag. Jene um Petschnig und Johann Tschürtz würden das wollen. Sie gelten eher als Pragmatiker.
Tschürtz sagt es so: "Wir wollen als Opposition kantig sein, aber doch stilvoll." Unlängst hat das sogar SP-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil gewürdigt.
Nachspiel
Dass für Außenstehende das blauinterne Gezeter so unverständlich geworden ist, kann man als Alarmzeichen sehen. Denn wer anfängt, um des Kaisers Bart zu streiten, meint es für gewöhnlich bitterernst.
Dass der Streit demnächst beigelegt werden wird, glaubt deshalb eher keiner. Zu sehr ist man bereits "ready for rumble".
Abspiel
Dass nun begonnen wird, einander sogar Statuten um die Ohren zu hauen, wird auch Norbert Hofers Weihnachtsfrieden im schönen Pinkafeld/Pinkafő/Pinkafelj/Pinkafa ein wenig stören. Eine Heimat, die sich so sehr mit sich selber beschäftigt, ist ja nicht nur, wie Alexander Petschnig sagt, verdrießlich. Sondern möglicherweise auch infektiös. (Wolfgang Weisgram, 22.12.2020)