Wegen eines TV-Auftritts wurde der 39-Jährige nun nicht rechtskräftig wegen Verhetzung verurteilt.

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Stefan Petzner in besseren Tagen als "Dancing Stars"-Teilnehmer.

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Wien – Wie hört es sich an, wenn der ehemalige Nationalratsabgeordnete Stefan Petzner (BZÖ) bei einem Interview inhaltlich ausdrücken will "Der Auslöser der Corona-Krise, nämlich China, sollte im Rahmen des Völkerrechts von der Weltgemeinschaft zur Rechenschaft gezogen werden"? Die Antwort lieferte sein Auftritt am 26. Mai bei "Fellner live": "Die Chinesen, das sind Focken, dreckige, schmutzige Leute, die keine Manieren haben", sagte er damals. Was Petzner nun mit einer Anklage wegen Verhetzung vor Richter Gerald Wagner gebracht hat.

Der 39-jährige Unternehmer erklärt, er sei "schuldeinsichtig in Hinblick auf eine Diversion", schuldig bekennen will er sich nicht. Dass er sich, wie es der Staatsanwalt in seinem Eröffnungsplädoyer sagt, in der Sendung verächtlich über Chinesen geäußert hat – auch der Begriff "Schlitzaugen" fiel, ebenso wie "Die spucken und schlatzen überall hin und schmatzen beim Essen" – bestreitet Petzner nicht. Aber: Sein "schwerer Fehler" sei gewesen, keine Trennlinie zwischen dem chinesischen Volk und dem kommunistischen Regime gezogen zu haben, gibt er zu. Aber: Inhaltlich habe er etwas anderes ausdrücken wollen – den eingangs des Artikels erwähnten Satz.

Sprachliche Unterschiede

Petzner bricht auch eine etymologische Diskussion vom Zaun. Laut Anklageschrift bedeutet "Focken" in Westösterreich nämlich "Schwein". Der in Tamsweg geborene Petzner gibt dazu Erinnerungen seiner Kindheit preis: "In Südösterreich werden so kleine Schweinderl, kleine Ferkel genannt. Wenn wir als Kinder schmutzig vom Spielen gekommen sind, hat meine Mutter gesagt: 'Ihr schauts ja aus wie die Focken.'"

Richter Wagner kann diesem Verniedlichungsversuch nicht ganz folgen, schließlich setzte Petzner im TV den Satz ja mit "dreckige, schmutzige Leute" fort. Und überhaupt: "Sie sind ja in Tamsweg geboren. Wenn ich jetzt sagen würde 'Alle Tamsweger sind Focken', würden Sie das als Beleidigung sehen oder als nette Bezeichnung?" Der Angeklagte äußert sich nicht.

Sein Verteidiger Michael Sommer beantragt den Ausschluss der Öffentlichkeit, da er einen Hintergrund besprechen möchte: Petzner habe damals Medikamente genommen, die Nebenwirkungen haben, erklärt er. Da diese Frage den höchstpersönlichen Lebensbereich betrifft, gibt der Richter dem Antrag statt.

Medikamente mit Nebenwirkungen

Eine Rolle spielen die möglichen Nebenwirkungen bei der Urteilsfindung aber nicht. "Auch bei einer Medikamenteneinnahme zählt die Eigenverantwortung, dann kann ich halt nicht in einer TV-Sendung auftreten", argumentiert der Ankläger – der die von Petzner und seinem Verteidiger ins Spiel gebrachte Diversion ablehnt.

Anwalt Sommer sieht eine solche dagegen sehr wohl als angemessen. Dass Petzner am 16. März 2017 in Kärnten wegen der "Wahlkampfbroschüren-Affäre" zu zehn Monaten bedingt verurteilt worden sei, dürfe da nicht gelten, schließlich sei die Affäre bereits im Februar 2008 erfolgt. Auch wenn sein Mandant damit vorbestraft sei, habe er sich so lange wohl verhalten, dass es eigentlich kein Ausschließungsgrund für eine Diversion mehr sei.

Wie vorgesehen hat der Angeklagte das letzte Wort, Petzner nutzt es zu einem Frontalangriff: "Die Staatsanwaltschaft wäre mit einer Diversion einverstanden gewesen. Aber der (Johann, Anm.) Fuchs, ein guter Freund vom (Sektionschef Christian, Anm.) Pilnacek, hat sie per Weisung abgelehnt!", sieht er sich politisch verfolgt.

Richter sieht keine politische Intrige

Richter Wagner, der Petzner nicht rechtskräftig zu drei Monaten bedingter Haft verurteilt, sieht das nicht so. "Hinsichtlich Diversion stimme ich mit der Oberstaatsanwaltschaft überein. Die Verurteilung 2017 hat ihn nicht davon abgehalten, wieder straffällig zu werden." Eine politische Intrige zu insinuieren, sei "geradezu absurd".

Das Stichwort für den Angeklagten, Wagner während der Urteilsbegründung zu unterbrechen. "Ham S' den U-Ausschuss ned vafoigt?", wirft Petzner ein. "Wenn ich spreche, haben Sie ruhig zu sein", reagiert Wagner mit bösem Blick. "Ham S' den U-Ausschuss ned vafoigt?", wiederholt Petzner. "Was genau verstehen Sie daran nicht, dass Sie ruhig sein müssen?" – "Was vastehn Sie an meiner Frage nicht?" – "Stefan, psssst", beendet Verteidiger Sommer den Austausch. (Michael Möseneder, 22.12.2020)